
Bernhard Kraus (1867-1935): St. Pankratius in Buldern (1906), St. Ludger in Selm (1908), Ss. Fabian und Sebastian in Osterwick (1922)
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Claus Bernet
- November 23, 2021
In Dülmen-Buldern befindet sich die mächtige neogotische Kirche St. Pankratius. Im Maßwerksfenster aus Antikglas, Blei, Schwarzlot und Silbergelb sind im Seitenschiff Motive aus der Lauretanischen Litanei dargestellt, darunter auf dem ersten Fenster links die Pforte des Himmels. Es ist eine historistische Glasmalerei von Bernhard Kraus (1867-1935) aus Mainz aus dem Jahr 1906 und sie kostete damals genau 45 Reichsmark/Stück. Unten ist das Motiv als Ianua Coeli näher bezeichnet. Darüber führen einige Stufen zu einer mittelalterlichen Toranlage mit Mauerzinnen, Seitentürmen und Schießscharten. Die Pforte steht offen, an ihrer Schwelle erscheint eine auf- oder untergehende rote Sonne, die den Hintergrund erstrahlen lässt.
800 Jahre St. Pankratius Buldern, hrsg. von der katholischen Kirchengemeinde Buldern, Buldern 1988.
Gisela Klöpper: 100 Jahre Pfarrkirche St. Pankratius Buldern, Dülmen-Buldern 2006.
Bernhard Kraus war am Ende des Kaiserreichs vor allem als traditioneller historistischer Glasmaler gefragt. Als Katholik aus dem Bistum Mainz arbeitete er überwiegend für katholische Kirchen und Kapellen. Wie man sieht, hat er sich insbesondere auf Himmelspforten spezialisiert, wie in St. Ludger in der Stadt Selm (Münsterland). Kraus gestaltete in dieser Kirche 1908 Fenster aus Antikglas, Blei und Schwarzlot im Rahmen einer Darstellung der Lauretanischen Litanei. Die Pforte befindet sich auf dem ersten Seitenschifffenster links vom Altar neben einem Seiteneingang. Sie ist zwar an den oberen Abschluss des Fensters gesetzt, aber Dank der klaren und großen Ausführung ist das Motiv auch vom Boden der Kirche aus für Besucher eindeutig zu erkennen: die Flügel der Pforte stehen offen, sichtbar sind selbst die Scharniere der Tür. Sie ist mit Krabben besetzt, aber ansonsten nicht im gotischen Stil gehalten; die rückwärtige Wand soll aus Mauersteinen bestehen. Darunter steht geschrieben: „Pforte des Himmels“, weiter unten beginnen Ornamentierungen, die an die Edelsteine erinnern.
Dirk Nothoff, Hans-Walter Stork: Slem. St. Ludger, Friedenskirche: St. Fabian und Sebastian, Lindenberg 1998.
Unmittelbar nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg war in Deutschland kaum Geld für teure Kirchenausstattungen vorhanden. Umso bemerkenswerter ist die Ausnahme der römisch-katholischen Kirche Ss. Fabian und Sebastian im Ortsteil Osterwick in Rosendahl im Kreis Coesfeld (Münsterland). Dort lebte nochmals der Historismus auf, nach Entwürfen, die nachweislich noch aus der Vorkriegszeit stammen, aber durch die Kriegsereignisse nicht umgesetzt werden konnten. In einem Glasfenster aus dem Jahr 1922 befindet sich über dem auferstandenen Christus eine winzige Himmelspforte. In einem farblosen Medaillon öffnet ein Engel diese Pforte und hält mit seinen Armen die Flügel der Tür weit offen. Die Farben sind naturalistisch; der Engel trägt ein weißes Gewand, die Pforte scheint aus braunem Holz zu sein. Direkt an den Seiten der Türflügel, aber auch über und unter dem Engel, sieht man einige graue Steine des Mauerwerks. Das Fenster gestaltete Bernhard Kraus 1922 im rechten Seitenschiff der Kirche, aus Antikglas, Blei und Schwarzlot.
Claus Seliger: Führung durch die Pfarrkirche Ss. Fabian und Sebastian in Osterwick, Schöppingen 1982.
Anna Maria Odenthal: Zur Erweiterung der Pfarrkirche von Osterwick durch Ludwig Becker, in: Westfalen, 67, 1989, S. 269-271.
Hans-Günther Schneider, Karl Langer: Ostwerwick. Katholische Pfarrkirche Ss. Fabian und Sebastian, Regensburg 2008.