Oddone Pasquale: Retabel in Santa Maria Assunta, Rivello (1541)

Oddone Pasquale (auch Pascale, gest. 1546) war ein Meister der oberitalienischen Renaissance. Er gilt als großer Unbekannter, von der Forschung irgendwie niemals richtig wahrgenommen. Seine auffällige Verwendung heller Farben soll lombardischen und nordischen Ursprung dokumentieren. Vorzugsweise wirkte er im Piemont, wo er sich auf Altargemälde spezialisiert hatte. So ist es auch der Fall in der römisch-katholischen Kirche Santa Maria Assunta in Rivello (Piemont). Das dortige Altarretabel ist auf 1541 datiert, gehört also zum Spätwerk des Künstlers. Im unteren Bereich befindet sich eine Tafelmalerei, die rechts die Hölle, links den Himmel zeigt. Die einsamen Pfade auf den Berg und die vielen übergroßen Stufen in die Stadt Jerusalem lassen etwas von der angeblichen Beschwerlichkeit des christlichen Lebenswegs ahnen. Die Personen sind nicht mehr, wie noch in der Gotik, nackt, sondern leicht mit einem Schleier bekleidet – die Renaissance war keineswegs eine sittenlose oder frivole Zeit. Hat man die Stufen erklommen, geht es auf einer Galerie weiter, die sich in der Ferne dem goldenen Himmlischen Jerusalem nähert. Nun ist rechts eine grüne Anhöhe zu sehen, von der man denken könnte, dies sei der Zionsberg im Himmlischen Jerusalem. Ich interpretiere diesen Hügel als Golgatha. Von dort aus nimmt der Rettungsweg der Menschheit im übertragenen Sinn seinen Anfang. An zwei Positionen sieht man auf dem Hügel auch fromme Pilger, die ihn hinabsteigen in Richtung des roten Engels vor der Himmelspforte mit dem Fallgitter. Selbst dieser Engel ist übrigens noch mit einem Kreuz beschwert.

Simone Baiocco, Paola Manchinu: Arte in Piemonte. Il Rinascimento, Ivrea 2004. 

 

tags: Renaissance, Piemont, Italien, Retabel, Pforte, Golgatha
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