Dieses Ölgemälde unterscheidet sich gegenüber anderen zeitgenössischen Zweiwegebildern in mancherlei Hinsicht. Im Vordergrund predigt ein Ungläubiger oder falscher Prophet, der hinter seinem Rücken dem abschwört, was er der Menge verkündet. Links erscheint eine hübsche Stadt mit Mauern, Kuppeln und Türmchen – es ist aber nicht das Neue Jerusalem, sondern eine Weltstadt, die durch Schönheit und Bequemlichkeit verführt. Von daher ist auch keiner der Bauten mit einem Kreuz versehen. Vor ihr sind der Tod und der Teufel (in Tiergestalt) zu sehen, wie sie die Menschen in diese Stadt, eine besondere Art der Hölle, ziehen möchten.
Zur Gottesstadt gelangt man über eine zentrale Himmelspforte im Stil des Hochbarock. Sie befindet sich etwa in der Bildmitte. Auffällig sind die drei weit ausladenden Stufen vor ihr. An den Seiten ist eine Mauer angedeutet, die nach rechts extrem steil abfällt und sich ganz verliert. Unterstützt werden die Pilger auf dem ansteigenden Weg vom Heiligen Geist in Form von Tauben. Bevor die himmlische Stadt betreten werden kann, muss eine weitere Pforte rechts oben auf einer Anhöhe durchschritten werden. Einige der Pilger sind durch Attribute christlicher Tugenden näher spezifiziert: So steht der Anker für Treue, das Kreuz für Hoffnung und die Harfe für Frömmigkeit. Diese zweite Pforte ist aber immer noch nicht das ersehnte Ende der Reise, es geht immer weiter: Über ihnen erscheint in einem Strahlenkranz die Stadt mit genau zwölf Toren. Ob in den Toren Personen stehen, kann anhand der Aufnahme allein nicht entschieden werden. Deutlicher zeichnen sich die Stadtviertel ab und der Lebensfluss, der sich horizontal durch Jerusalem zieht.
Das niederländische Gemälde auf Leinwand trägt den Titel „De weg naar het hemels Jeruzalem en de smalle poort“. Ein Maler oder Entwurfszeichner ist bislang noch nicht bekannt geworden, allerdings ist diese wertvolle Arbeit auch noch nicht hinreichend erforscht. Um 1750 entstanden ist sie Teil der Sammlung Openluchtmuseum Arnhem Nederlands (NOM.5508-46.OV). Vermutlich befand sich die Malerei einst in einem bürgerlichen Haushalt der Niederlande, wo solche Bilder die eigene Frömmigkeit unterstreichen sollten. Der lehrhafte Charakter wird noch durch die Reime unterstrichen, die unter dem Gemälde anhand von Nummern im Bild den Inhalt mit Bibelversen verknüpfen (So hat das Lamm über der Stadt die Nummer 26). Es sind genau jene Bibelverse, die dann im 19. Jahrhundert auf den Zweiwegebildern zu finden sind. Der Text auf der Schriftrolle oben links, der sicherlich weitere Erklärungen zu dem Bild gegebenen hätte, ist heute am Original nicht mehr lesbar.
J. J. W. A. Wijchers: De brede en de smalle weg, in: D. Bouvy (Hrsg.): Vromen & verlichten, Utrecht 1974, o. S.
R. P. Zijp: De brede en smalle weg, in: Vroomheid per dozijn, Utrecht 1982, S. 35-42.
J. Dijkstra, Paul Dirkse, Anneloes Smits: De schilderijen van Museum Catharijneconvent, Zwolle 2002.