„Meister aus Soriguerola“: Tafel des Heiligen Michael (um 1280)

Zwar ist auf der „Tafel des Heiligen Michael“ (234 x 96 cm) das Himmlische Jerusalem äußerst einfach gehalten, dennoch gibt es auf diesem Ausschnitt einige Besonderheiten zu entdecken. So fällt auf, dass das Himmlische Jerusalem hier rechts dargestellt ist – eine Position, die ansonsten im Mittelalter der Hölle vorbehalten ist. Eigenartig ist auch die gemauerte Laibung des Tores, die exakt am Rückgrat der Petrusfigur entlangführt. Auf der gegenüberliegenden Seite ist eine Seelenwaage zu sehen – ein durchaus gängiges Motiv im Zusammenhang mit dem Vorplatz vor der Himmelspforte. Üblicherweise hält aber der Engel Michael diese Waage, die hier von einem Teufel und einem Engel gemeinsam gehalten wird. Dennoch sieht es gut aus; die Schale mit den guten Taten neigt sich merklich tiefer, auch wenn ein kleiner Dämon an der linken Seite unerlaubt das Ergebnis zu fälschen sucht.
Die leuchtende Malerei basiert auf Temperafarben und war einst mit Metallapplikationen versehen, die verlustig gingen. Der Ausschnitt ist Teil einer hölzernen Altarfront, die um 1280 in Spanien entstanden ist. Der unbekannte Maler hat den Notnamen „Meister aus Soriguerola“ (Mestre de Soriguerola) erhalten, benannt nach einem Ort, an dem das Werk einst in der Gemeindekirche Sant Miquel über viele Jahrhunderte aufgestellt war. Die Altarfront befindet sich seit 1932 unter der Inventarsnummer 3901-000 im Nationalen Kunstmuseum Kataloniens in Barcelona.

Chandler R. Post: A history of Spanish painting, Bd. 2, Cambridge 1930.
Joan Ainaud de Lasarte: El Maestro de Soriguerola y los inicios de la pintura gótica catalane, in: Goya. Revista de arte, 2, 1954/55, S. 75-82.
Guía Museu nacional d’art de Catalunya, Barcelona 2004.

 

tags: Altargemälde, Tafelbild, Spanien, Katalonien, Pforte, Heiliger Michael, Seelenwaage, Teufel, Tempera
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