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Otto Herbert Hajek (1927-2005): St. Johannes in Nürtingen (1992)

Otto Herbert Hajek (1927-2005) war ein abstrakter Maler und Bildhauer der Stuttgarter Kunstakademie. Im Zuge der Erbauung der römisch-katholischen Kirche St. Johannes in Nürtingen 1956 hatte Hajek an der Außenfassade bereits ein Betonrelief „Apokalypse“ geschaffen, welches 1988 nachträglich koloriert wurde. Das monumentale Altarölbild (9,40 x 6,30 Meter) jedoch stammt aus der Zeit einer anderen, späteren Renovierung unter Pfarrer Rainer Götz (gest. 1996) zwischen 1987 und 1992. Zwischen diesen Jahren wurde der Künstler nochmals für die Gemeinde tätig und gestaltete den Innenraum neu.

Die Struktur seines Altarbildes gründet auf zwölf Quadraten (neun oben und drei unten) sowie dazwischen drei Rechtecken. Mit den Rechtecken zitiert Hajek die Form eines gotischen Flügelaltars, wie von Gert van Loon oder von Jean Bellegambe. Das gelbe Dreieck rechts, das sich im Kirchenraum nochmals im Jerichofries an der Orgelempore findet, steht dabei für Christus, der das Gottesvolk durch die Zeit in das Neue Jerusalem führt. In dem Werk konzentrieren sich nochmals die Hauptfarben des Gesamtraums: Gelb (Gold), rot und blau. Von manchen werden diese Farben in alter Tradition den göttlichen Personen zugeordnet, also rot für den himmlischen Glanz und das Blutopfer (Christus), gelb/Gold für das Licht (Gott) und blau für die himmlische Reinheit (Heiliger Geist). Das Trinitätsmotiv ist auch mit den drei Flügelbrettern um den Altar angedeutet, die in einem Abstand von etwa 50 Zentimeter um das Altarbild gelegt sind. Die Grundfarben deuten aber ebenso auf die Fülle aller Farben hin, in freier Assoziation steht blau für die Tiefe und für die Meditation, gelb/Gold für das Licht und für die Sonne sowie rot für das Feuer und für die Liebe. Hajek hat sich jedenfalls intensiv mit Farben auseinandergesetzt und auch das Altarbild wie hier beschreiben gedeutet.
Das Altarbild befindet sich gegenüber der Brüstung der Orgelempore, die ebenfalls von Hajek in diesen drei Farben gestaltet wurde. Auch zwei Leuchter wurden von Hajek für den Innenraum entworfen und sollen als moderne Radleuchter mit zwölf nach oben stehenden Glühlampen zusätzlich an das Himmlische Jerusalem erinnern.

 

Hajek legte Wert darauf, dass er sich weiterhin mit dem Thema beschäftigte. Im Austausch über das Nürtinger Altarbild verwies der Künstler mich auf eine Nachstudie mit dem Titel „Das himmlische Jerusalem“ aus dem Jahre 1999. Sie entwickelt die Form und Farben der Rechtecke weiter. Üblicherweise sind bei Hajeks Werken die Ränder gerade. Hier experimentiert er ausnahmsweise einmal mit einem nach oben hin ausgefransten Rand am zentralen gelben Block. Dessen Seitenlinien sind ebenfalls nicht gerade, sondern leicht geschwungen.

Wolfgang Sedlmeier: Rundgang durch St. Johannes, (Nürtingen), um 1990.
Heribert Hummel: Nürtingen: St. Johannes, Weißenhorn 1991 (Schwäbische Kunstdenkmale, 49).
Heribert Hummel (Hrsg.): Otto Herbert Hajek, Arbeiten in und für Kirchen, Ostfildern 1997.
Michael Kessler: Jedes Bild ein Altarbild, in:  Das Münster. Zeitschrift für christliche Kunst und Kunstwissenschaft, 58, 2005, S. 331-332.

 

tags: Moderne, Rechteck, Württemberg, Altarbild
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