Einen besonderen Wanderweg findet man in Oberfranken, den „Fränkischen Bibelweg“, der auch den Titel „Von der Schöpfung bis zum himmlischen Jerusalem“ trägt. Er wurde im November 2004 eröffnet, und seitdem kann man in drei Stunden vom Schloss der Pallottiner in Untermerzbach bis vor das Stadttor von Seßlach wandern. Die Besonderheit dieses Weges ist, dass er mit mehreren Holzskulpturen geschmückt ist, in Anlehnung an die Kreuzwegstationen, die im Katholizismus Tradition haben. Die Station Nummer zwölf hat den Titel „Himmlisches Jerusalem“. Sie wurde 2004 von Sarah Redlich aus der Heimschule des Klosters Wald, einem Mädcheninternat, geschaffen.
Die Skulptur Nummer zwölf zeigt zwei grob geschnitzte Figuren, deren Identität nicht eindeutig geklärt ist. Die eine Figur kniet, die andere befindet sich vor ihr. Es könnte Gott und ein Trauernder oder eine Trauernde sein, zwei der Vierundzwanzig Ältesten oder ein Engel und der Seher Johannes. Auf letzteres verweist die Tafel mit Apok. 21, 1-3, die neben dem Holzblock angebracht ist. Das eigentliche Thema, nach dem diese Figurengruppe benannt ist – das Himmlische Jerusalem – ist nicht zu sehen. Bezieht man jedoch die umgebende Topographie mit ein, entsteht überraschend ein anderes Bild: Nun ist die Ortschaft Seßlach im Hintergrund mit ihrer mittelalterlichen Stadtmauer der Ort, zu der die Skulptur hin ausgerichtet ist.
Als ich 2021 den Pilgerweg zum letzte Mal besuchte, war die ungeschützte Figur in einem sehr schlechten Zustand, so dass sie bald zu den verlorenen Kunstwerken gezählt werden muss. Ein Blitzeinschlag oder Vandalismus haben vor allem im vorderen Bereich schweren Schaden angerichtet.
Andreas Kuschbert: Von der Schöpfung zum himmlischen Jerusalem. Unterwegs auf dem Bibelweg zwischen Untermerzbach und Seßlach, in: Heinrichskalender, 81, 2006, S. 26-32.
Eine fotografische Pilgerreise von Wolfgang Knoblach, o.O., um 2008.
Karl-Heinz Körblein: Himmlisches Jerusalem. Der Fränkische Bibelweg zwischen Untermerzbach und Seßlach, in: Martina Amkreutz-Götz u.a.: Wandern in Mainfranken, Würzburg 2011, S. 58-63.
