Clive Uptton (1911-2006): Bibelausgabe USA (1963)

„Egermeier’s Bible Story Book“ ist eine Nacherzählung der beiden Testamente, die in den USA Generationen begleitete. In Abständen wurde das Werk immer wieder mit neuen Abbildungen versehen. Einmal, in der Ausgabe von 1963 (S. 567), die damals Warner Press in Anderson herausbrachte, mit einer Arbeit von Clive Uptton. Uptton arbeitete hauptsächlich an seinem Geburtsort London für britische Verlage, wie für Swain’s House oder Daily Mail Newspaper. In London hatte er die Central Art School besucht, später die Heatherley’s School of Art. Nach dem Krieg trat er auch als Maler hervor. Er starb in London 2006 kurz vor seinem 95. Geburtstag.
Zu dem Bild wäre weiter nicht viel zu berichten, hätten es nicht die Mormonen benutzt und bekannt gemacht. Jerusalem hat bei den Mormonen einen ganz herausgehobenen Stellenwert: Für die Heiligen der Letzten Tage sind die Stadt Zion und das Neue Jerusalem eng miteinander verbundene Konzepte. Der zehnte Artikel ihres Glaubens, durch Joseph Smith (1805-1855) im Jahre 1842 niedergeschrieben, erklärt, dass das Neue Jerusalem auf dem amerikanischen Kontinent gebaut werden wird. Smith wurde dies klar, während er das Buch Mormon übersetzte (3. Ne. 20:22; Ether 13:2-6). Ähnliche diesbezügliche Vorstellungen hatte er schon 1830 entworfen: Die Stadt Zion und ihr Tempel sollten zunächst in Independence, Missouri, gebaut werden. Die Schriften von Ether, angeblich geschrieben 125 Jahre vor Christus, prophezeien die Ankunft des Messias und ein neues Jerusalem in der westlichen Hemisphäre (Salt Lake City). Das Jerusalem aus der Johannesapokalypse beziehen die Mormonen auf die Stadt Enochs, die als Zion bereits in den Himmel gehoben worden sei. Der zukünftige Wiederaufbau des Heiligen Landes für den Stamm Juda und das Gebäude des Neuen Jerusalems in der westlichen Hemisphäre für den Stamm Joseph sind verbunden mit der Rückkehr des Messias auf die Erde.

 

Die beiden schwarzweißen Abbildungen tauchen um 1990 in den USA auf. Beide sind in zahlreichen „Leitfäden“ der Mormonen in verschiedenen Sprachen über die ganze Welt verteilte Massenware. Sie dienen dazu, den Text zu verdeutlichen und den Betrachter im Glauben zu stärken. Künstlerischen Anspruch sollen die Abbildungen nach eigener Aussage von leitenden Mormonen nicht haben. Die hiesigen Fassungen entstammen Arbeitsheften zum Religionsunterricht für 14- bis 17-jährige. Die linke Abbildung zeigt die Himmelsstadt ohne Johannes; die rechte Abbildung zeigt Johannes mit lediglich einem Ausschnitt der Stadt. Ich hatte Ende der 1990er Jahre die Gelegenheit, Uptton in London zu dem Bild zu befragen: „Die Abbildungen zu dieser Edition mussten schnell entworfen werden. Das war auch kein Problem, da ich die Geschichten ja seit meiner jüngsten Kindheit kannte. Schwierig wurde es nur bei Figuren, die etwas zeitaufwendiger waren. Ich half mir, indem ich die Figuren von hinten oder seitlich abbildete. (…) Wenn heute Mormonen oder andere Glaubensgemeinschaften meine Bilder verwenden und sie sogar weiter entwickeln, spricht das doch für die Qualität und Bekanntheit meiner Illustrationen, oder? Je mehr Menschen sich von ihnen angesprochen fühlen, desto besser. Ich habe damit überhaupt kein Problem, sondern ich sehe es wie mit der Kindererziehung: Du kannst deine Kinder erziehen und sie eine Zeitlang formen. Doch was sie später einmal machen, oder nicht machen, darauf hat man keinen Einfluss mehr. (…) Zu meinem 40. Geburtstag bekam ich eine Grußkarte von einem Kollegen. Darauf war ein Motiv meiner damaligen Schaffensphase – aber ich hatte nicht gewusst, dass man Postkarten davon gemacht hatte. Mein Freund wusste nicht einmal, dass dieses Bildmotiv von mir stammte!“

Bruce R. McConkie: A new witness for the articles of faith, Salt Lake City 1985.
Robert J. Matthews: The fulness of times, in: Ensign, 19, 12, 1989, S. 46-51.
Graham W. Doxey: New Jerusalem, in: Daniel H. Ludlow (Hrsg.): Encyclopedia of Mormonism, 3, New York 1992, S. 1009-1010.
Ryan S. Gardner: A history of the concepts of Zion and New Jerusalem in America from early colonialism to 1835 with a comparison to the teachings of the prophet Joseph Smith, Provo 2002.
Clive Uptton, in: The Independent, 18.2.2006.

 

tags: Bibelausgabe, USA, Mormonen, Schulunterricht
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