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John W. Barber (1798-1885): Druck „Religious Emblems“ (1850)

1850 erschien das zweibändige Druckwerk „Religious Emblems“, in dem John W. Barber (1798-1885) das Thema des Himmlischen Jerusalem in Tradition der Emblematik aufgriff und es graphisch umsetzte, indem er vor allem aktuelle Ereignisse mit biblischen Themen verband. Der Band war in den USA überaus populär und hatte großen Einfluss auf die Frömmigkeitskultur. In ihm finden sich mehrere Darstellungen des Himmlischen Jerusalem als Ziel- und Endpunkt von Zweiwegebildern.
Bereits das Frontispiz zeigt das Himmlische Jerusalem am Ende eines schmalen Pfades, der zwischen Wolken erscheint. Die Stadt besteht aus einer kahlen Mauer, einem kleinen goldenen Tor und zahlreichen Zacken, die der Mauer aufgesetzt sind. Vor der Stadt wird ein Mensch von einem Engel vor dem Ertrinken gerettet. In dem gesamten Band ist es die einzige kolorierte Illustration.

 

Seite 34 bringt die erste moralische Allegorie: Ein Mensch schleppt sich mit der Welt zu Tode. Diese Welt (gemeint sind weltliche Annehmlichkeiten wie Geld, Spiel, Sexualität etc.) ist sein Kreuz. Die winzige Himmelspforte im Hintergrund (ähnlich wie in Barbers Fassung von 1819) sieht er wohl, wird sie aber so nicht erreichen.

 

Seite 64 ist eigentlich eine Wiederholung des Frontispiz: Wieder wird ein Ertrinkender gerettet. Diesmal steht die Stadt Jerusalem direkt am Ufer, sie wird in dieser Allegorie durch ein zweistöckiges Gebäude repräsentiert. Auch hier finden sich im Dachbereich die Zacken, die schwer zu erklären sind. Es sind weder Kamine noch Schmuckornamente, vielleicht deutet sie William Blake zuvor an (1824, letzte Zeichnung).

 

Die Abbildung von Seite 124 ist dann wieder eine Wiederholung von Seite 34. Barber zeigt zwei „Weltkinder“, die dem weltlichen Spiel – angedeutet mit zwei Spielkugeln, die gleichzeitig die Erde repräsentieren – nach Ehre, Reichtum und Vergnügungen verfallen sind. Der eine rollt den Ball problemlos nach unten, der andere bemüht sich noch, den Ball wie Sisyphus auf den steilen Weg nach oben zu schleppen – vergeblich, denn mit diesen Zielen kommt man nicht weit. Die Gottesstadt im Hintergrund wird von niemandem beachtet, der kahle Weg zu ihr ist verlassen. Sie ist nicht, wie auf dem Frontispiz, im Himmel, sondern ähnlich einem Kastell auf einem Berg dargestellt. Damit ist angedeutet, dass, wie es in den Erweckungsbewegungen jener Zeit gepredigt wurde, fromme Menschen schon auf Erden etwas von dem Neuen Jerusalem erfahren können – allerdings müssen sie sich anders verhalten als hier.

 

Die letzte Jerusalem-Abbildung findet sich auf Seite 136 des zweiten Teils. Die Masse strömt in die Hölle, nur wenige Pilger machen sich auf in Richtung des steilen Weges. Jerusalem ist ganz ähnlich wie auf dem Frontispiz präsentiert, auch die Zacken, eine Spezialität Barbers, dürfen nicht fehlen.

William Holmes, John W. Barber: Religious emblems and allegories, New Haven 1850.
Claus Bernet, Ingeborg Schmidt: Das Zweiwegebild, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 22).

 

tags: Emblematik, Allegorie, Volkskunst, Kupferstich, USA, Zweiwegebild, Neupietismus, Erdkugel, Kreuz, Sünde, Moral, Reichtum, John W. Barber
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