Auf diesem zweibahnigen Fenster ist am oberen Abschluss eine gewaltige Rosette in unterschiedlichen weißgrauen Farbschattierungen zu sehen. Darunter ist die Architektur des Himmlischen Jerusalem angedeutet, mittels Häuserzeilen, Straßen und Treppen. In der Mitte befindet sich ein hufeisenförmiger Tisch mit zwölf Tellern und zwölf Bechern, der zum himmlischen Mahl bzw. zum Ewigen Abendmahl gehört. Dazwischen steht ein Hochzeitsstrauß. Unten findet man in einem Oval die Rosa Mystica, die geheimnisvolle Rose – eine Andeutung auf Maria, deren Statue sich in der Kirche unter diesem Fenster befindet. Ganz unten sind mehrere Seerosen dargestellt, die dem Fenster seinen Namen gaben: „Rosenfenster“.

Es ist das einzige mit „Das Jahr 1969 u. E W“ datierte und signierte Fenster einer Serie aus der römisch-katholischen Pfarrkirche St. Leodegar in Gammertingen im Landkreis Sigmaringen (Schwäbische Alb). Die Fenster wurde von Emil Wachter (1921-2012) gestaltet und galten lange Zeit als Beispiel für moderne zeitgenössische Sakralkunst. Obwohl Wachter auf dem Fenster eine ganze Anzahl von figürlichen Details einbrachte, ist das Fenster aus außergewöhnlich wenigen Glassteinen mosaikartig gearbeitet, ohne aber grob oder kantig zu wirken. Der bildende Künstler aus Baden-Württemberg hat übrigens Jahre später das Thema in einem Grisaille-Fenster in St. Georg in Wyhlen (1987) erneut aufgegriffen. Für beide Arbeiten gilt, dass sie sich in der jeweiligen Farbe präsentieren, die außen vorherrscht, also: Bei Schnee im Winter in weiß (wie hier zu sehen), im Sommer durch die Bäume in grün, bei offenem Himmel in blau, bei bedecktem Wetter in grau, bei herbstlicher Färbung der Natur in einem gelb-rot. Eine solche Farbenpracht findet man in St. Leodegar nicht bei allen Fenster gleichermaßen, sicher jedoch bei dem Rosenfenster.

Herbert Burkarth: Kath. Kirchengemeinde St. Leodegar Gammertingen, (Gammertingen) 1998.
Rolf-Dieter Maier: 200 Jahre Kirchenchor St. Leodegar Gammertingen: Entwurf für einen historischen Rückblick anläßlich der Verleihung der Palestrina-Medaille, Gammertingen 2007.
Claus Bernet: Kirchenfenster und Glasarbeiten, Norderstedt 2013 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 6).