Winfried Häder (geb. 1959): Lebendiger Stein auf dem St. Mauritz-Friedhof in Münster (2008)

Auf dem Alten St. Mauritz-Friedhof in Münster wurde 2008 eine Kindergrab- und Gedenkstätte eingeweiht für solche Kinder, die nicht zum Leben geboren wurden. Die erste ökumenische Bestattungsfeier für diese Allerkleinsten fand am 12. November 2008 feierlich in der St. Mauritz-Kirche statt. Im Anschluss an den Gottesdienst erfolgte die Beisetzung der ersten Urne auf dem Grabfeld „Geborgen im Erinnern – Grabstätte für das ungeborene Leben“. Mit diesem seelsorgerlichen Angebot reagiert das St. Franziskus-Hospital Münster auf ein gravierendes Problem: Oft werden sich Eltern nach einer Fehlgeburt erst nach Monaten oder Jahren der Tragweite dieses Ereignisses bewusst und empfinden es dann um so mehr als schmerzhaften Einschnitt in ihr Leben, wenn sie nicht wissen, wo ihr verstorbenes Kind geblieben ist. Die Grabstätte „Geborgen im Erinnern“ entstand aufgrund der Initiative einer Arbeitsgruppe, die sich aus Mitgliedern des St. Franziskus-Hospitals und Mitgliedern der St. Mauritz-Gemeinde zusammensetzte. Es war der Wunsch aller Beteiligten, eine Grab- und Erinnerungsstätte für verwaiste Eltern in der Nähe des Krankenhauses zu schaffen. Dazu bot sich der an das Gelände des Hospitals angrenzende Alte St. Mauritz-Friedhof an. Die Verantwortlichen der Pfarrgemeinde St. Mauritz unterstützten dieses Anliegen und stellten dort kostenlos eine Grabfläche zur Verfügung, die Finanzierung für die Gestaltung übernahm das St. Franziskus-Hospital. Für die Gestaltung der Grabstätte konnte die Arbeitsgruppe den Bildhauer und Theologen Winfried Häder (geb. 1959) aus Münster gewinnen, der die Ideen der Arbeitsgruppe auf eindrucksvolle Weise umsetzte. So fällt jetzt im Eingangsbereich des Alten St. Mauritz-Friedhofes am Mauritz-Lindenweg ein großer dreieckiger Stein ins Auge, der die inzwischen verwitterte und kaum sichtbare Aufschrift trägt „Und wohnen darf ich im Hause Gottes für alle Zeit“, ein Vers aus Psalm 23. Der Gedenkstein symbolisiert die „Stadt auf dem Berg“ und ist einzigartig. Es ist eines der wenigen kollektiven Grab- und Denkmäler mit diesem Motiv, das zudem mit lebendigem Grünbewuchs bepflanzt ist. Auch sind die Besucher eingeladen, Erinnerungsgegenstände an dem Stein abzulegen, der zeitweise vor Blumen und Engelsfiguren überdeckt ist.

Der dreieckige Keil zeigt oben eine Miniaturstadt mit einem hohen Eingangstor, Straßen, Hausbauten, Kirchen. Traditionell christliche Symbolik wie Lamm, Christus, Engel etc. fehlt. Die Stadt liegt, ohne umgrenzende Stadtmauer, inmitten des Dreiecks und bedeckt etwa einen Drittel der Grundfläche. Die Stadt ist aus grauem Stein geformt und hebt sich auch dadurch von der Bepflanzung, hauptsächlich Moos und Sukkulente, ab. Mit den Jahren und Jahreszeiten verändert sich der Bewuchs auf und um das Grabmal immer wieder und verleiht ihm eine stets neue, andersartige Gestalt. Auch Witterungseinflüsse, wie etwas Regen, üben einen besonderen Reiz: Dann nämlich fließt tatsächlich Wasser als Strom des Lebens durch die Steinpforte!

 

tags: Friedhof, Münster, NRW, Ökumene, Miniatur, Dreieck
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