Ein durchaus singuläres Neues Jerusalem schuf der Meister Bellegambe um das Jahr 1525. Als eine Art Kolosseum im Morgengrauen ist die Himmelsstadt weder zuvor noch danach dargestellt worden, nur am Ende des 16. Jahrhunderts schuf Jean Cousin einmal einen Bau mit gewissen Ähnlichkeiten. Es scheint sich um einen Rundbau zu handeln, der auf gewaltigen Arkaden steht. Vor allem in der Dachzone finden sich Ausschmückungen im Stil der Gotik. Durch die Arkaden kann man übrigens hindurchsehen und erblickt dann die Innenseite der rückwärtigen Arkaden. Bei dem Detail handelt sich um einen kleinen oberen Ausschnitt des linken Flügels eines Triptychons zum Jüngsten Gericht von Jean Bellegambe (um 1470-1536) aus der Gemäldegalerie Berlin (Größe des Mittelteils 222 x 178 Zentimeter, mit zwei Flügeln (je 222 x 82 Zentimeter). Es wurde vom Preußischen Staat 1821 erworben.
Das Gemälde von Bellegambe zeigt nicht nur das Neue Jerusalem als Rundbau, sondern auch die Himmelspforte. Genau genommen sind es sogar mehrere Pforten, die der Errettete zu durchwandern hat, bis er in das Himmelsparadies gelangt. Das erste Haupttor ist ein hochgotischer Staffelbau mit zahlreichen Ornamentierungen, vergleichbar der Architektur auf dem Bild „Das letzte Urteil“ von Hieronymus Bosch. Das Tor steht offen und wird gerade von Erretteten durchwandert. Links oben ist eine weitere, hell leuchtende Pforte mit Dreiecksgiebel zu entdecken, davon abgesetzt rechts weitere Pforten im Hintergrund. Die Staffelung von Pforten erinnert an die zeittypischen „Gräber von Jerusalem“, aber auch an Kreuzwegstationen und manche spätere Bilder des Zweiwegemotivs. Es handelt sich hier um einen kleinen Ausschnitt des linken Flügels des Triptychons zum Jüngsten Gericht. Während aber oben die Farben hell und klar sind, wirkt der untere Bereich opak und wie von Nebel durchzogen.
M.(uguste) C. Dehaisnes: La vie et l’oeuvre de Jean Bellegambe, Lille 1890.
Les successeurs de Jean Bellegambe, Douai (1981).
Hervé Boëdec: Invention picturale et pensée théologique dans l’œuvre de Jean Bellegambe, Lille 2007.