Lothringische Apokalypse Mscr. Dresd. Oc 50 (1300-1350)

Die Handschrift Mscr. Dresd. Oc 50 stammt aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts (Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek, Dresden). Hergestellt wurde „Li apocalipse que S. Jehans“ in Metz (Lothringen). Das Himmlische Jerusalem, darin zu finden auf fol. 51v und 53v, hat sich in der ersten Abbildung bereits auf die Erde herabgesenkt. Links schreibt Johannes auf eine lange Pergamentrolle eifrig nieder, was er vor sich sieht. Die blau-grün-rote Stadt präsentiert sich mit einem mittigen Tor, versehen mit einem Wimperg, bekrönt mit Krabben und Kreuzblume. Das Fallgitter des Tores ist nach oben gezogen. Zur linken und rechten Seite scheint eine niedrige blaue und dahinter eine höhere weiße Mauer mit Zinnenbekrönung die Stadt zu schützen. Diese Darstellung ist eine eigene Schöpfung und steht außerhalb der gängigen Präsentationen des Himmlischen Jerusalem.

Auch die Abbildung 53v darf Originalität beanspruchen. Wie zuvor sind hier links wieder Johannes und der Engel zu sehen, diesmal mit einem langen, goldenen Maßstab. Die langgestreckte Architekturformation besteht aus drei Schichten. Unten sieht man deutlich die Edelsteine als Fundament der Stadt. Darüber stehen sechs Tore, von denen jeweils zwei Flügeltüren nach außen geöffnet sind und den Blick auf farbige Rautenmuster freigeben. Ein Stockwerk höher stehen die zwölf Apostel mit farbigen Gewändern in Arkaden. Das Ganze erinnert weniger an eine Stadt als vielmehr an einen Tabernakel, der im christlichen Kontext als ein vorwegnehmender Bezug auf das Neue Jerusalem, das als „Zelt Gottes bei den Menschen“ bezeichnet werden konnte (Apok. 21, 3).

Robert Bruck: Die Malereien in den Handschriften des Königreichs Sachsen, Dresden 1906.
Lothringische Apokalypse. Das Manuskript Oc. 50 aus dem Bestand der Sächsischen Landesbibliothek Dresden, 2 Bdd., Leipzig 1982.

 

tags: SLUB, Lothringen, Fallgitter, Tabernakel, Gotik, Mittelalter, Arkaden
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