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Alfons X. der Weise (1221-1284): Cantigas (1230-1260)

Die „Cantigas de Santa Maria“ sind eine mittelalterliche Gedichtsammlung, die vor allem dem Lobpreis der Jungfrau Maria diente. Die meisten der Lieder sind mit teils aufwändigen Miniaturen dekoriert. Die Sammlung entstand unter Alfons X. dem Weisen (1221-1284), König von Kastilien und León. Mit diesem Großprojekt, an dem er persönlich beteiligt war, indem er Lieder komponierte, wollte er in das kollektive Gedächtnis eingehen und zugleich etwas für sein Seelenheil tun. Später wurde die Sammlung stark erweitert (auf etwa vierhundert Stücke) und ornamental ausgeschmückt. In dieser Bearbeitungsphase entstand auch der T-Kodex, auch códice rico genannt, der in der Bibliothek des Escorial aufbewahrt wird (Sig. MS T-1-1) und sich durch besonders farbige Miniaturen auszeichnet. Er gilt als der Schönste der Cantigas-Ausgaben.
Auf der Tafel 26v sind auf zwei Spalten insgesamt sechs Miniaturen angeordnet. Nur eine dieser Miniaturen zeigt das Himmlische Jerusalem. Christus steht vor einem halbgeöffneten Tor, hinter dem mehrere Gebäude der Stadt zu sehen sind. Die eigentliche Handlung spielt sich aber vor der Stadt ab: Christus ringt mit einem Dämon in der Luft um die Seele eines Menschen. Der Mensch befindet sich als Säugling zwischen beiden Figuren, die jeweils an einem Arm ziehen und den schmächtigen Körper zu zerreißen drohen. Christus, der in der Bibel noch den Jüngern das Schwert einzustecken befiehlt, schwingt hier selbst die Waffe gegen den Feind. Hinter ihm steht zu seiner Unterstützung Petrus, der Torwächter der Himmelsstadt, der hier besserwisserisch seine Hand hebt. Wie der Kampf ausgehen wird, ist ungewiss – vom Verhalten des Menschen jedenfalls scheint es nicht abzuhängen.

José Guerrero Lovillo: Las cantigas. Estudio arqueológico de sus miniaturas, Madrid 1949.
Francisco Javier Sánchez Cantón: Alfonso X el Sabio y la pintura sobre tabla, in: Archivo español de arte, 105, 1954, S. 67-69.
Walter Mettmann: Eine alfonsinische Kompilation über die ‚Secta de Mahomad’? In: Romanische Forschungen, 98, 1986, S. 277-303.
Francisco Corti: Genealogías simbólicas en imágenes de las Cantigas de Santa Maria, in: Cantigueiros, 11/12, 1999/2000, S. 1-14.
Kirstin Kennedy: Alfonso’s miraculous book. Patronage, politics, and performance in the ‚Cantigas de Santa Maria’, in: Nils Holger Petersen (Hrsg.): The appearances of medieval rituals, Turnhout 2004, S. 199-212.
Ana Domínguez Rodríguez, Pilar Treviño Gajardo: Las Cantigas de Santa María. Formas e imágenes, Madrid 2007.

 

tags: Musik, Gedicht, Spanien, Kastilien, Escorial, Himmelspforte, Schwert, Gotik, Mittelalter
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