Melchor Perez Holguin (1660-1732) war zu seiner Zeit einer der bekanntesten Barockmaler Südamerikas. Im Jahr 1708 vollendete er ein imposantes Weltgerichts-Gemälde für die römisch-katholische Kirche San Lorenzo in Potosi, einem kulturellen und religiösem Zentrum des Vizekönigreichs Peru. Das gut erhaltene Gemälde ist von hoher Qualität und Originalität.
So findet man auf der linken Seite oben eine kunstvolle barocke Himmelspforte mit kolonialen Stilanklängen, beeinflusst von den älteren Rundtortürmen. Der Bau ruht auf Säulen, bewacht von Petrus (links) und Paulus (rechts). Den Säulen sind mehrere Architrave aufgesetzt, teilweise in Trapezform. Ungewöhnlich ist die flächige Farbgebung der einzelnen Bauteile, von oben nach unten: Goldgelb, Marinblau, helles Rot und abgedunkeltes Grün. Solche Formen und Farbeinteilung kennt man von keiner weiteren Darstellung der Himmelspforte aus dem 18. Jahrhundert. Umgeben ist sie von zahlreichen Engeln, Heiligen und allegorischen Figuren, wie Glaube und Hoffnung. Bemerkenswert sind auch die zu dem Tor strömenden Mönche, die, wie Soldaten, in Schlachtordnung ihres Ordens (Benediktiner, Zisterzienser, Dominikaner, Franziskaner) marschieren, jedoch nicht in den Tod, sondern das ewige Leben. Eine eigene Gruppe bilden die Märtyrer mit roten Umhängen, unter denen auch Johannes der Täufer zu finden ist, neben vielen weiteren Heiligen, zum Teil mit ihren Attributen versehen. Einen weiteren Aufschluss würden die Fahnen geben, deren genaue Zuweisung noch aussteht. Typisch für diese Weltgerichtskonzeptionen Süd- und Lateinamerikas ist, dass nach Durchschreiten die Reise rechts hinter der Pforte weiter geht. Dort sind die in die Stadt aufgenommenen Heiligen zu Christus in der Bildmitte hin ausgerichtet.
Mario Chacón Torres: Arte virreinal en Potosi. Fuentes para su historia, Sevilla 1973.
Jose de Mesa, Teresa Gisbert: Holguin y la pintura a virreinal en Bolivia, La Paz 1977 (2).
Ilona Katzew (Hrsg.): Contested visions in the spanish colonial world, Los Angeles 2011.