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1958 um, Duisburg-Rheinhausen-Schwarzenberg, Ruhrgebiet, NRW, St. Marien, Taufdeckel, Karl Franke 1 © Claus Bernet

Karl Franke (1917-1996): Taufdeckel der ehemaligen Marienkirche Duisburg (1958) sowie Schmuckkreuz mit Tabernakel aus St. Bonifatius in Holsterhausen (1962)

Der Bildhauer Karl Franke (1917-1996) aus Meerbusch nahe Düsseldorf hat unmittelbar hintereinander für zwei römisch-katholische Kirchen Sakralschmuckarbeiten entworfen, die beide das Himmlische Jerusalem zeigen. In beiden Fällen war die Aufgabe gestellt, einen modernen, schlichten Neubau mit liturgischen Kunstwerken auszustatten.

Bei dem ersten Kunstwerk handelt es sich um ein Taufbecken für die Kirche St. Marien auf dem Schwarzen Berg im Ortsteil Rheinhausen-Schwarzenberg im linksrheinischen Duisburg. Hier ist auf dem bronzenen Taufdeckel in der Mitte eine einfache, stilisierte Christusfigur gesetzt, die an einen Lebkuchenmann erinnert. Darüber finden sich links und rechts zwei orientalisch anmutende Türme, von denen aus sich je vier Tore an den Rand der Schale ziehen und eine kleine Mauer bilden. Die Tore mit darüber gesetzten Kreisen (Köpfen) ähneln menschlichen Figuren, es könnten auch Wächterengel oder Apostel sein. Karl Franke hat die Figürlichkeit auf das Wesentliche reduziert und das Einfache, Schlichte betont, wie es in der Nachkriegszeit charakteristisch, erwünscht und auch finanzierbar war. Die Arbeit aus Bronze gehört zur Erstausstattung der katholischen Kirche von 1958 und wurde in einem Kirchenführer von damals als das „Meisterwerk“ der neuen Kirche bezeichnet. Die Kirche selbst allerdings war kein Meisterwerk, sondern zeigte bald massive Bauschäden, so dass sie um 2000 sogar einzustürzen drohte. Sie wurde profaniert und soll demnächst abgerissen werden (Stand März 2023). Der Taufdeckel soll in einem neuen Kapellenraum der Gemeinde erhalten bleiben.

St. Marien auf dem Schwarzen Berg in Rheinhausen, Wiesbaden 1967.
50 Jahre St. Marien, Duisburg-Rheinhausen 2008.
Pfarrei Sankt Marien auf dem Schwarzen Berg, Duisburg 2010. 

 

Bei dem zweiten Kunstwerk ist die Urheberschaft Frankes nicht bewiesen, wird aber allgemein angenommen. Erwiesen ist jedoch das Jahr, in dem die Arbeit entstand: 1962. Es handelt sich um ein hängendes Schmuckkreuz über dem Altarbereich der römisch-katholischen Kirche St. Bonifatius in Holsterhausen/Dorsten im Münsterland. Es gehört zur Erstausstattung der Kirche und überlebte bereits einen schweren Brand. Im Zentrum steht Christus und formiert ein Kreuz. Umgeben ist er von Bergkristallen und roten Emailleplättchen. An den Kreuzesarmen sind Relieftafeln angesetzt. Die beiden Armflügel zeigen Bauten des Neuen Jerusalem. Die Relieftafel selbst ist quadratisch, aber der Ausschnitt mit den Bauten bildet an beiden Seiten ein Dreieck. Die Bauten und Tore sind klein und aus der Fernsicht nicht erkennbar; es ist eine zeitlose Architektur, ohne weitere Merkmale der Himmelsstadt, wie Perlen, Edelsteine, Engel, etc.

 

Zu dem Schmuckkreuz gehört auch ein Tabernakel, zur gleichen Zeit entstanden. Dieser stand einst unter dem Kreuz im Altarbereich, wurde später aber an der linken Wandseite des Kirchenschiffs aufgestellt. Er steht auf einem massiven Holzfundament und trägt neben dem Tabernakelhaus auch das Ewige Licht. Auf seinen vier Seiten sind zahlreiche Motive des Alten und Neuen Testaments in die Bronzeoberfläche eingearbeitet. Die gesamte Rückseite, die zur Wand hin ausgerichtet ist und fotografisch nur schwer eingefangen werden kann, ist dem Neuen Jerusalem vorbehalten. Im Zentrum befinden sich links Christus in einer Mandorla und rechts das Lamm Gottes, was, ungewöhnlich, ein zweites Mal für Christus steht. Aus beiden Figuren strömt der Lebensfluss, welcher die gesamte Bildseite strukturiert und rahmt. Er bewässert auch die beiden Bäume unter den Figuren. An den Seiten hat Franke die zwölf Tore in Dreiergruppen zusammen gefasst. Dazwischen befanden sich zwölf Farbsteine für die Edelsteine der Stadt. Auch hier greift der Vandalismus um sich: Einige der an sich wertlosen Emailleplättchen wurden, vielleicht in der irrigen Annahme, es würde sich um Edelsteine handeln, herausgebrochen. Bei meinem ersten Besuch 2011 waren zwei, bei meinem letzten Besuch der Kirche im Frühjahr 2023 bereits genau dreieinhalb dieser Plättchen gestohlen.

Joachim Hogeweg: Unsere Kirche St. Bonifatius Dorsten Holsterhausen: 1922-1997, Dorsten 1997.

 

tags: Ruhrgebiet, Schmuckkreuz, Bronze, Taufbecken, Taufdeckel, Nachkriegskunst, Minimalismus, Vandalismus, Emaille, Bronze
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