Einer der frühesten Tabernakel Deutschlands mit einer Darstellung des Himmlischen Jerusalem ist aus dem Jahre 1941 erhalten. Einen älteren Tabernakel mit einer solchen Thematik findet man allein in der katholischen Kirche Mariä Himmelfahrt in Kleinbartloff (Thüringen). Das Exemplar von 1941 stammt aus der römisch-katholischen Kirchengemeinde St. Nikolaus in Friedrichshafen am Bodensee. Solch eine Sakralkunst aus den letzten Jahren des Dritten Reichs, die zudem den Krieg unbeschadet überstanden hat, ist von größter Seltenheit und steht heute unter Denkmalschutz.
Dieser Tabernakel wurde – wie auch die Altarleuchter und das Altarkreuz in St. Nikolaus – von dem Goldschmied Fritz Möhler (1896-1978) aus Schwäbisch Gmünd geschaffen. In einem blauen Rahmen befinden sich zwei gegenüberstehende bzw. gegenüberfliegende Engelsfiguren, die gemeinsam dabei sind, die heilige Stadt zu vermessen – oder den Tabernakel zu öffnen! Die Stadt ist von zwölf goldenen Toren umkreist. Anlässlich der Renovierung von 1987 wurde das Kunstwerk von Hubert Elsässer (1934-2009) in vier Muschelkalkquader eingefügt, mit zahlreichen Blattgoldquadraten in unterschiedlicher Tönung ausgeschmückt, auf eine Säule gestellt. Das neue, alte Werkstück erhielt in der Chormitte der Kirche einen zentralen Platz. Bereits Anfang des 21. Jahrhunderts wurde der Steinquader jedoch entfernt, der Tabernakel steht inzwischen wieder isoliert im Raum auf einer ungeschmückten, ruhigeren Stele.

Fritz Möhler (1896-1978) hatte 1923 seine Kunstwerkstatt in Schwäbisch Gmünd gegründet. Sein kometenhafter Aufstieg zu einem führenden Goldschmied des Deutschen Reichs vollzog sich in den zwölf Jahren des Nationalsozialismus. So durfte er etwa das Antependium für St. Elisabeth in Stuttgart (1936), das Handkreuz für den Patriarchen von Sofia (1938) oder die Monstranz für das Freiburger Münster schaffen (1939). 1944, am Endes des Krieges, erhielt er für seine Schmuckarbeiten den Goldenen Ehrenring der Gesellschaft für Goldschmiedekunst verliehen. 

Ludwig Mangold: Der Goldschmied Fritz Möhler, in: Gmünder Porträt, 3, 1954/54, S. 85-89.
Robert Mayer: Sankt Nikolaus zu Friedrichshafen. Eine kleine Chronik unserer Pfarrgemeinde, Neckarrems 1964.
Wunibald Reiner: Katholische Pfarrkirche St. Nikolaus Friedrichshafen, Bodensee, München 1990.