
Rund-Jerusalem aus Kargopol und aus der Stroganoff-Schule (16. Jh.)
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Claus Bernet
- August 27, 2021
Ein gut erhaltenes Exemplar, eine 177 x 120 cm große Ikonostasentafel, befindet sich seit 1957 in der Eremitage von St. Petersburg (Inventarnummer ERI-230). Sie stammt aus Kargopol in der Oblast Archangelsk im Nordwesten Russlands. Ein unbekannter Meister hatte die Tafel im 16. Jahrhundert für eine der vielen Holzkirchen der Stadt geschaffen. Das runde Himmlische Jerusalem mit einer hohen, hellgrünen Stadtmauer besitzt im Zentrum ein rotes Gebäude – das vermutlich eine Kirche darstellt – und befindet sich auf der Tafel oben links. Die Schauseite zeigt uns drei Rundbogentore, in denen Heilige Wache halten. Umzogen ist das Gebilde von einem Kranz von Wolken in dunkler Farbtönung.
Eine ähnliche Ikone wie die Ikonostasentafel der Eremitage von St. Petersburg (Inventarnummer ERI-230) stammt aus der Stroganoff-Schule. Sie hat eine Gesamtgröße von 183 x 113 cm und wurde ebenfalls im 16. Jahrhundert angefertigt, vermutlich für ein orthodoxes Kloster oder eine Kirche. Heute ist die teilweise beschädigte Ikone im Besitz des Timken Museum of Art in San Diego/USA. Das runde Himmlische Jerusalem mit einer hohen, gelbgrünweißlichen Stadtmauer besitzt im Zentrum auch ein rotes Gebäude und befindet sich auf der Tafel oben links. Welches der beiden Werke das ältere und welches die Kopie ist, kann nicht entschieden werden. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass es eine weitere, dritte Fassung gibt oder gab, die beiden Ikonen als Vorlage diente.
Eckhard Weiher (Hrsg.): 1000 Jahre russische Kunst, Hamburg 1988.
Alfredo Tradigo: Ikonen. Meisterwerke der Ostkirche, Berlin 2005.
Сарабьянов В. Д., Смирнова Э. С.: История древнерусской живописи, Москва 2007.
Claus Bernet: Ikonen des Weltgerichts, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 37).