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Miniaturzeichnung aus Moskau (um 1650)

Um die Mitte des 17. Jahrhunderts entstand diese 32 x 20 Zentimeter große kolorierte Zeichnung aus einer gebundenen Ausgabe eines Synodalbuchs aus dem Raum Moskau. Die Zeichnung basiert auf Tinte, Zinnober, pastellfarbigem Aquarell und Tempera. Sie zeigt das Himmlische Jerusalem von außen unter Einfluss westkirchlicher Malereien wie Vitam Aeternam als Viereck mit zwölf Toren. In jedem der Tore wacht ein Engel, auch in denen an der hinteren Seite, wo die Engel eigentlich von der Rückseite gezeigt werden müssten. An allen vier Seiten kann man die Stadtmauer sehen, deren Farbstreifen den Regenbogen anklingen lässt. Die Mauer besteht, rechnet man die Mauerkrone hinzu, aus genau zwölf Farbbändern, die die Edelsteine repräsentieren sollen. Eigentlich sollen sie laut dem Bibeltext das Fundament der Stadt ausmachen, die hier auf Wolken zu ruhen scheint. Eine Mauer aus Edelsteinen war jedoch kein Problem, seitdem auf spätantiken Mosaiken die Edelsteinmauer eingeführt worden war: Santa Maria Maggiore, Santa Cecilia in Trastevere oder Sant’Apollinare in Classe.
Im Inneren der Stadt lassen sich deutlich mehr ostkirchliche Elemente finden: Im Zentrum thront die Heilige Maria, von zwei Engeln flankiert. Zahlreiche weitere Heilige sitzen vor ihr in Gruppen zusammen und feiern das Ewige Abendmahl. Sie sind in Arkaden zusammen gefasst, wie es auf Ikonen gerne gezeigt wird. Unten sind noch Johannes auf Patmos und ein weiterer Engel zu entdecken, die beide von Felsen aus gemeinsam die Stadt betrachten, von der sie noch getrennt sind.
Der Band ist Teil der religiösen Sammlung der Staatlichen Tretjakow-Galerie in Moskau (Inventarnummer 58212, ОР Муз. 3822), die die Illustration im Jahr 1926 mehr oder weniger legal im Zuge der antikirchlichen Enteignungen und Säuberungen „erworben“ hat. Das Werk gehört nicht zur Ständigen Sammlung, sondern kann nur in der Bibliothek des Museums eingesehen werden. Trotz verschiedener Bemühungen konnte der Illustrator dieses Bandes nicht eindeutig nachgewiesen werden.

Fyodor Buslaev: Russkij licevoj Apokalipsis, S.-Peterburg 1884.
Claus Bernet: Pretiosen des Ostens: Ikonen, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 36).

 

tags: Illustration, Edelstein, Maria, Tretjakow-Galerie, Moskau, Museum
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