
Spiegelvision des Guillaume de Digulleville: MS 76 E 6 (um 1450)
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Claus Bernet
- August 22, 2021
Ein Spiegel (rechts auf einer hölzernen Stele), in dem allerdings nichts (mehr?) zu erkennen ist, findet sich in einer niederländischen Ausgabe der Pélerinage, die aus der Königlichen Bibliothek zu Den Haag entnommen ist (Signatur 76 E 6). Sie dürfte in der Mitte des 15. Jahrhunderts entstanden sein. Anstatt auf dem Spiegel, der eigentlich nichts Konkretes zeigt, ist die Gottesstadt auf fol. 1 im Hintergrund besonders detailreich ausgestaltet, etwa durch ein prächtiges Stadttor oder einen mit Fahnen geschmückten Wehrturm. Zwar ist das Haupttor in die Stadt geöffnet, doch es wird von einem Engel mit einem Schwert bewacht. Die Heiligen auf der Mauerkrone sind den Mönchen behilflich, auf Seitenwegen doch noch in die rettende Stadt zu gelangen: ein Mönch wird an einer Kordel nach oben gezogen, einem anderen wird mit einer Leiter geholfen. Ein anderer Heiliger links außen ist relativ unbeteiligt und füttert Tauben.
Szenen, die früher auf mehreren Miniaturen verteilt waren, sind hier in ein Bild gefasst worden. Der Pilger, der in seinem voluminösen Bett mitten im Freien ruht, scheint von dem Treiben um ihn herum nichts mitzubekommen.
Ingrid Erica Biesheuvel: Die pelgrimage van der menscheliker creaturen. Een studie naar overlevering en vertaal – en bewerkingstechniek van de Middelnederlandse vertalingen van de Pèlerinage de vie humaine (1330-1331) van Guillaume de Digulleville met een kritische editie van handschrift Utrecht, Museum Catharijneconvent BMH 93, Hilversum 2005.
Jos M. Bigus: Unveiling a codex. A case study on a Middle Dutch composite manuscript and its content, Utrecht 2010.