Ein Weltgericht aus vorreformatorischer Zeit hat sich in Trochtelfingen im baden-württembergischen Landkreis Reutlingen (Schwäbische Alb) erhalten. Man findet es in der dortigen römisch-katholischen Pfarrkirche St. Martin im Altstadtkern unmittelbar am Schloss. Bei einer Renovierung durch das landeskirchliche Denkmalamt 1931/32 wurde ein 5,20 x 4,90 Meter großes Fresko an der linken Seitenwand mit dem Weltgericht wieder entdeckt und freigelegt. Dabei wurde behutsam freigelegt: Man sieht noch die Einschläge in den Putz, der die Übermalungen halten sollte, was heute dem Wandbild eine grobkörnige Erscheinung verleiht. Fachleute schätzen die Malerei auf etwa 1480. Es ist eine der wenigen Gerichtsdarstellungen, die man komplett auf eine Seitenwand gesetzt hat, am ehesten noch zu vergleichen mit einer älteren Arbeit aus Ehningen.
Die farbenfrohen Szenen zeigen in der Mitte Christus, rechts die Hölle und links das Himmlische Jerusalem, zeittypisch in Form eines spätmittelalterlichen Torturms. Einzelheiten wie Zinnen, Türmchen und selbst die Beschläge der Holztür lassen sich unterscheiden. Diese Arbeit zeigt auch ansonsten einige Besonderheiten: Unten sind die Heiligen von einem blauen Band umgeben, welches aus dem Tor strömt – ist dies ein Wolkenband oder der Lebensfluss? Vor dem Tor fehlt die Petrusfigur, die üblicherweise den Geretteten aufschließt. Dafür fällt die Papstfigur auf, mit der Tiara und einem überaus prächtigen Kasel. Über dem halboffenen Tor befand sich einst wohl ein Wappen, welches leider nicht mehr rekonstruiert werden konnte. Links wie rechts zieht sich eine mit Ranken ornamentierte Leiste nach oben, welche schon Stilelemente der württemberger Frührenaissance aufweist.
Rudolf Griener, Reinhold Baumann: Katholische Pfarrkirche St. Martin Trochtelfingen, Echterdingen 1991.
Stefan Bertels, Lothar Gonschor: Die St. Martins-Kirche in Trochtelfingen. Gottesdienstliche Anforderung und denkmalpflegerischer Anspruch, in: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 32, 2002, S. 54-61.