Gebhard Fugel (1863-1939): Apokalypsezyklus (1933)

Gebhard Fugel (1863-1939) wuchs in Oberschwaben auf und studierte ab 1879 an der Kunstschule Stuttgart. Er wandte sich schon während seiner Studienzeit christlichen Motiven zu, die er zunächst in einem realistischen, von der Historienmalerei und den Nazarenern beeinflussten Stil verwirklichte. 1890 zog Fugel nach München und gründete dort mit Kollegen die noch heute aktive Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst. Fugels Schulwandbilder (einhundert Gemälde zu biblischen Themen) machten ihn einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, sie wurden vor allem als Illustrationen in katholischen Schulbibeln und frommen Texten verwendet.
Mit der Apokalypse hat sich Fugel immer wieder beschäftigt. Zwischen 1917 und 1933 schuf er dazu Freskenentwürfe, die sich jetzt im Besitz des Klosters Scheyern befinden. Zu einer Freskenmalerei ist es jedoch nie gekommen, sehr wohl aber zum Abdruck in einer Edition der Johannesoffenbarung. Der hier gezeigte Farbdruck zum letzten Bild des Apokalypsezyklus, dem Himmlischen Jerusalem, stammt aus dem Jahr 1933, als seine Bilder im Druck erschienen. In den Anfangsjahren des Nationalsozialismus waren diese Apokalypse-Interpretationen überaus beliebt und rezipiert.
Das Bild zeigt noch die Einflüsse der Nazarener, des Jugendstils ebenso wie der Fidus-Kunst oder der Anthroposophie. Insbesondere der Gestus der Anbetung, der Regenbogen und die Lichtquelle über der Stadt sind eher als universelle Typologien denn als betont christliche Bildsprache zu verstehen. Dennoch ist Textgenauigkeit angestrebt, etwa bei den zwölf Toren (sichtbar sind davon neun), dem quadratischen Stadtgrundriss oder dem pyramidalen Zionsberg. Davon deutlich abgetrennt sind die Figuren des Johannes und des Engels im Bildvordergrund, die auf einem Bergsporn vor einem Abgrund stehen. Anklänge an den „Wanderer über dem Nebelmeer“ (um 1818) von Caspar David Friedrich (1774-1840) sind unverkennbar.

Die Apokalypse oder die Offenbarung des heiligen Johannes. Mit Bildern von Gebhard Fugel, Klosterneuburg 1933. 
Hilde Himmelreich: Mein Vater Gebhard Fugel, 1863-1939, München 1949.
Gabriele Koller: Bibelbilder und Bilderbibeln. Anmerkungen zur Entwicklung der Bibelillustration im 19. und 20. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung der Bibelbilder von Gebhard Fugel, in: Das Münster. Zeitschrift für christliche Kunst und Kunstwissenschaft, 44, 1991, S. 201-210.
Engelbert Baumeister: Die Bilder der Apokalypse von Prof. Gebhard Fugel, in: Der Scheyrer Turm, 62, 2005, S. 90-94.

 

tags: Nationalsozialismus, Apokalypsezyklus, Esoterik, Regenbogen, Adorant
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