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Matthäus Bayer (1911-1990): Tabernakel aus Christkönig in Fessenheim (1963)

Der Tabernakel der römisch-katholischen Kirche Christkönig zu Fessenheim (Gemeinde Wechingen, Nördlingen) besticht durch seine wuchtige Größe von fast zwei Metern Höhe. Das zentrale Thema ist das Himmlische Jerusalem, von dem die zwölf Tore auf dem eigentlichen Tabernakel oben zu sehen sind. Sie haben eine dunkelblaue bzw. tiefrote Färbung, und von den drei Rundbögen an einer der vier Seiten ist stets derjenige in der Mitte etwas höher. Darüber ist ein Muster gesetzt, das Zinnen ähnelt, darunter wurden die Namen der zwölf Apostel eingeschrieben. Unter diesem Kubus ist eine lange, bis zum Boden reichende Stele angefügt. Sie sieht schwer aus, könnte aber mit einer Hand angehoben werden, so dass sie am Boden fest verschraubt werden musste. Die Stele zeigt an den vier Ecken jeweils einen der Evangelisten, und ganz unten den Lebensfluss, der aus dem Neuen Jerusalem entspringt (vgl. Queen-Mary-Apokalypse). Hier sind es drei, und nicht, wie üblich, vier Flüsse, die nach unten strömen und die Welt befruchten.

Das Kunstobjekt aus Stahl und Kupfer wurde komplett feuervergoldet bzw. emailliert. Im Jahr 1963 wurde dieser Tabernakel seitlich des Altars aufgestellt. Es ist eine Arbeit von Matthäus Bayer (1911-1990) aus München, später Heufeld. Nach einer Ausbildung zum Kunstschreiner (1924 bis 1928) beschäftigte er sich als Meisterschüler von Hans Panzer besonders mit dem Bauhausstil und unterrichtete selbst Bildhauerei, unter anderem an der Münchner Luisenschule. Viele seiner Auszubildenden durften dort nach seinen Entwürfen Himmlische Jerusalems aus Holz schnitzen, so dass Bayer zur Popularisierung dieses Gegenstandes beitrug. Seine eigenen Arbeiten wurden auch treffend als neoromanisch bezeichnet; sie besitzen eine urwüchsige suggestive Kraft, die viele in ihren Bann zieht, die mit seinen Kunstwerken in Berührung kommen. In Fessenheim stammt nicht allein der Tabernakel von Bayer, sondern der Künstler hat die gesamte Innenausstattung und selbst die Verglasung gestaltet. Er war von Beginn an am Bau beteiligt, und immer, wenn die Gemeinde es finanzieren konnte, wurden verschiedenste Sakralgegenstände in dieser Kirche aufgenommen, die heute fast wie ein kleines Bayer-Museum erlebt werden kann.

Hans Kießling: Begegnung mit Bildhauern. Münchner Kunstszene 1955-1982, St. Ottilien 1982.
Gertrud Roth-Bojadzhiev: Die Christkönigskirche Fessenheim, Regensburg 2010.

 

tags: Neoromanik, Tabernakel, Matthäus Bayer, Schwaben, Bayern
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