Peder (Peter) Lykt: Dorkirche von Holbøl (um 1480) und Johanniskirche in Flensburg (1515-1525)

Das Wandgemälde der Kirche von Holbøl (Syddanmark), entstanden um 1480, ist ein Meisterwerk des Spätmittelalters im südlichen Dänemark. Es schmückt die Deckekappe über dem spätgotischen Schnitzaltar der Kirche, der ebenfalls um 1480 entstanden ist.

Um diese Zeit befand sich die Marienverehrung auf einem neuen Höhepunkt, der bald durch die Reformation zum Erliegen kommen sollte. In Sinne dieser Verehrung ist es stimmig, dass die Gottesmutter fast so groß wie die Christusfigur aufgemalt wurde und Petrus als eigentlicher Stadt- und Torwächter in eine Nebenrolle im Hintergrund gedrängt wurde; er ist hier in Größe und Farbe kaum von seinen Begleitern zu unterscheiden. Die folgende Komposition hat sich bereits im frühen Mittelalter verbreitet: In der Mitte Christus, der auf einem Regenbogen thront, links seine Mutter Maria, rechts der Täufer Johannes. Darunter öffnen sich der Gräber und die Toten erscheinen zum Gericht. Links gelangen einige in das Himmlische Jerusalem, rechts viele in die Hölle. Das Besondere dieser Fassung ist, dass sowohl Jerusalem wie auch die Hölle als Tortürme gestaltet sind, die sich zudem noch recht ähnlich sind.

Der Turm links steht offen, nach zehn Treppen werden die Ankommenden (lediglich drei wohlgenährte Nackte) von Petrus mit dem Schlüssel begrüßt. Auffällig und charakteristisch sind die ausladenden Stufen, die wie eine Schaufel weit nach rechts greifen. Der Turmschaft wird lediglich durch einige Fenster unterbrochen, aus denen Heilige herausschauen. Im Dachbereich kann man jede Schindel des Helmdaches erkennen.
Es handelt sich hierbei um ein Frühwerk des Malers Peder (Peter) Lykt, der vornehmlich im südlichen Dänemark, vornehmlich Nordschleswig, aktiv gewesen ist; ähnliche Weltgerichtsdarstellungen haben er und seine Malschule in Tandslet oder auch in Nordborg geschaffen, ein weiteres in Flensburg.

 

Zwischen 1515 bis 1525 wurden die Gewölbe der Flensburger Johanniskirche (Schleswig) farbenprächtig ausgestaltet. Es ist eindeutig eine Kopie der Malereien in Holbøl, vor allem die Gegenüberstellung des Jerusalem-Turms zu dem Höllenturm ist wiederzufinden. Lediglich kleine Details, wie etwa die Farbanodnung des Regenbogens oder die Zahl der Stufen, unterscheiden sich. Obwohl die Fresken hier 1734 übergeweißt und erst 1910 wiederentdeckt wurden, sind sie sehr gut erhalten. Gleiches gilt allerdings auch für Holbøl, dessen Fresken 1913 von Georg Christoph August Wilckens (1870-1939) restauriert und dort etwas kräftiger koloriert wurden. Die detailgetreue Freilegung beider Fresken belegt, dass Wilkens durchaus sorgfältig gearbeitet hat und die ursprüngliche Konzeption nicht durch freie Zutaten ergänzt hat. Ob in Holbøl ursprünglich Meister Lykt noch mitgearbeitet hat, wissen wir nicht. Der Maler muss damals um die 60 Jahre alt gewesen sein, es ist unwahrscheinlich, dass er noch stundenlang gebückt auf dem Holzgerüst stand. Eher haben seine Schüler diese Kopie in Flensburg ausgeführt.

Die St. Johannis-Kirche in Flensburg, hrsg. und der Gemeinde gewidmet vom Kirchenvorstand, Flensburg 1914.
850 Jahre St. Johannis in Flensburg, (Flensburg) 1975.
Holbøl Kirke, Padborg 2001.
Claus Bernet: Das Neue Jerusalem in Skandinavien, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 23).

 

tags: Flensburg, Schleswig, Fresken, Kopie, Weltgericht, Torturm, Renaissance
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