Das Eichsfelder Land in Thüringen war einst stark von der Gegenreformation durch das Bistum Erfurt ergriffen. Das trifft auch auf die römisch-katholische Kirche St. Vitus in Breitenworbis zu, die kurz nach Bau der Kirche im Jahr 1692 von einem unbekannten Maler mit umfangreichen Decken- und Wandmalereien auf Eichengrund ausgestattet worden ist. Er bediente sich dabei eines volkstümlichen, naiven Stils, den die Gläubigen vor Ort verstehen und annehmen sollten. Obwohl die Malereien im Jahr 1966 fachkundig restauriert wurden und unter Denkmalschutz stehen, sind sie kaum bekannt und wissenschaftlich bislang nicht ausreichend erforscht. Die Deckenmalerei auf dem Tonnengewölbe stellt das Jüngste Gericht dar, auf der Rückseite neben der Orgel sind links die Verdammnis und rechts die Erlösung dargestellt.
Für ein ausführliches Himmlisches Jerusalem mit vielen Bauten und Figuren war kaum Geld vorhanden, man begnügte sich also mit einer einfachen Himmelspforte in goldener Farbe. Mit Diamantquadern unten und Profilleisten zeigt der Bau Anklänge an den Renaissancestil. Der ungewöhnliche Rahmen wurde mit zahlreichen Engelsköpfen geschmückt. Ein weiterer Engel in rotem Gewand steht vor der Pforte und verweist einen kleinen Menschen an seiner Seite nach oben. Dort, im Zentrum der Pforte, wacht das Auge Gottes in einem Strahlenkranz (vgl. Pierre Landry) und beobachtet quasi durch die Pforte das irdische Geschehen. Das Bild soll die Menschen ermahnen, dass Gott alles sieht und keine Geheimnisse kennt, aber selbst ein Geheimnis ist. Die Vorlage zu dieser ungewöhnlichen Malerei stammt vermutlich aus einem der emblematischen Werke, die sich im 17. Jahrhundert großer Beliebtheit erfreuten.
Helmut Godehardt, Franz Hebestreit, Bernadett Leibeling: 750 Jahre Breitenworbis, Breitenworbis 1988.
Claus Bernet: Denkmalschutz, Denkmalpflege und UNESCO-Weltkulturerbe, Norderstedt 2020 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 47).