Jerusalemsturm aus Mästerby (um 1450)

Vor allem bezüglich der Torszenen auf Weltgerichten hat Skandinavien Schönes zu bieten. Fast alle Arbeiten stammen aus dem Spätmittelalter, sie wurden kurz nach der Reformation meist überstrichen und haben sich so in einem relativ frischen Zustand gut erhalten, wohl auch, weil sie in den allermeisten Fällen bei ihrer Freilegung malerisch nachbearbeitet wurden. Der Heilige Petrus mit dem Schlüssel darf auf keiner dieser Darstellungen fehlen. Der Schlüssel ist fast immer übergroß dargestellt und wird meist wie ein Hoheitszeichen präsentiert, offenbar war es den mittelalterlichen Menschen wichtig, dieses Detail sehen zu können.
Eines der frühest erhaltenen Beispiele in Mästerby auf Gotland ist besonders eindrucksvoll: Auf einer Weltgerichtsdarstellung repräsentiert auf der linken Seite ein hoher Torturm das Himmlische Jerusalem. Wie bei einem Hochhaus schiebt sich Stockwerk um Stockwerk nach oben, fünf Etagen mit Fensterreihen kann man abzählen. Das Vorbild sollte klar sein: Es handelt sich um den sogenannten Rundetårn in Kopenhagen, den der dänischen König Christian IV. von 1637 bis 1642 nach Plänen des Architekten Hans van Steenwinckel d. J. hat errichten lassen.
Mit dem bekrönenden lateinischen Kreuz ist dieser Rundturm als Gotteshaus ausgewiesen. Die Tür ist offen, aber außer dem Schwarz ist vom prächtigen Inneren der Stadt nichts zu sehen, schon gar kein Gold. Solches war durchaus typisch für Torszenen, die Jerusalem lediglich von außen andeuten. Das Mästerbyer Fresko wurde als Kalkmalerei um 1450 ausgeführt.

Johnny Roosval: Sveriges kyrkor. Konsthistoriskt inventarium. Gotland, 2, Stockholm 1935. 
Våra kyrkor, Västervik 1990.
Medeltida teater och gotländsk kyrkokonst, av docent Bengt Stolt, Visby 1991.
Ylva Fontell: Västromanska målningar i Mästerby kyrka, in: Gotländskt arkiv. Meddelanden från Föreningen Gotlands Fornvänner, 65, 1993, S. 31-46.

 

Beitragsbild: Bernt Fransson, Måsterby 04, CC BY-SA 3.0

tags: Gotland, Schweden, Fresko, Kalkmalerei, Torturm, Hochhaus
Share:
error: