Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg war in Deutschland der Bedarf an christlicher Erbauungsliteratur groß. Verständlicherweise hatten nun auf einmal angloamerikanische Autoren Konjunktur – sei es, weil die Besatzer solche Schriften protegierten, sei es, weil sich deutsche Verleger beliebt machen wollten und von ihrer Mitschuld abzulenken versuchten. So erschien bereits 1946 in der konservativ-pietistisch geprägten St.-Johannis-Druckerei in Lahr-Dinglingen eine deutsche Ausgabe von John Bunyans christlicher Pilgerreise. Die 13 überwiegend signierten, einfarbigen Abbildungen hatte der Illustrator und Maler Heinrich Barmführ (1867-1937) angefertigt, der zuvor im Umfeld der Hermannsburger Mission tätig war. Da dieser jedoch im Jahr 1946 bereits verstorben war, hat der Verlag auf Zeichnungen zurückgegriffen, die vermutlich bereits vor dem Zweiten Weltkrieg entstanden waren. Damals hatte der Verlag schon ein Zweiwegebild nach Charlotte Reihlen und ein Neues Jerusalem von Friedrich Greiner veröffentlicht.
Drei der Abbildungen zeigen das Himmlische Jerusalem: Zunächst auf Seite 185, dann folgend eine Vignette auf Seite 192. Dort hat der Pilger sich niedergelegt, man sieht seinen Hut und Stock. Hinter diesen Gegenständen erscheint weit entfernt die Gottesstadt über den Wolken. Hier vermag man Einzelheiten nicht zu erkennen; die Stadt ist klein, besteht aus wenigen Bauten, hat keine Mauer, dagegen aber eine Gloriole über den Wolken.
Noch einmal wird die Stadt auf Seite 329 präsentiert, ähnlich wie auf Seite 192, aber jetzt nähergerückt. Barmführ zeigt Jerusalem mit einem romanischen Tor, wie man es von Portalen großer Kathedralen oder Stadttoren kennt, umgeben von massiven Mauern. Die Stadt dahinter besteht aus mittelalterlich anmutenden Bauten, die pyramidal gestaffelt sind. Der zentrale Bau der Spitze ist leider auch auf dem Original am oberen Rand beschnitten und daher vollständig nicht sichtbar. Unten links ist die Zeichnung mit den Initialen H.B. signiert.
John Bunyan: Pilgerreise zur seligen Ewigkeit. Mit einer kurzen Lebensbeschreibung des Verfassers und 13 Abbildungen, Lahr-Dinglingen 1946.
Im Jahr 1992 erschien eine albanische Ausgabe, unter dem Titel „Rruga e shtegtarit“. Gedruckt wurde das Buch in Dillenburg, wo man erneut ältere Illustrationen von Heinrich Barmführ heranzog. Bei der Szene mit der Himmelspforte auf Seite 45 hielt sich der Künstler mit einer einfachen romanischen Pforte an Altbewährtes und Erprobtes, schon 1854 ist die Szene in einer US-Ausgabe ähnlich dargestellt worden. Der beladene Pilger erreicht die Himmelspforte und wird von einem gealterten Petrus begrüßt. Petrus steht bereits im himmlischen Bereich, währen der Pilger mit einem Bein noch in der alten Welt verharrt. Er ist schwer beladen, wobei ihm sein Stock, ein Pilgerstab, eine Hilfe ist. Bemerkenswert ist die deutsche Inschrift über der Pforte, die wohl nur wenige Albaner verstehen dürften.