In Soultz (südliches Elsass) wurde die dortige römisch-katholische Kirche Saint-Maurice 1910 mit einem Jüngsten Gericht ausgestattet, das das Tympanon am Hauptportal des kleinen Baus schmückt. Da die Kirche selbst aus der Gotik stammt, entschloss man sich aus Harmoniegründen für eine Ausführung im neogotischen Stil, der ohnehin gerade in Mode war. Der mit der Bildhauerei beauftragte Meister ist namentlich nicht bekannt, er wird aus dem Elsass gekommen sein, das damals zum Deutschen Reich gehörte. Aus politischen Gründen war es damals populär, sich auf mittelalterliche Themen zu beziehen, da man diese Zeit als Hochzeit deutscher Kultur betrachtete, ein weiteres solches Beispiel wäre das Tympanon von Metz (1903).
Aus Platzgründen wurde in Soultz das Himmlische Jerusalem mittels einer unscheinbaren Himmelspforte im Zwickel des Tympanons lediglich angedeutet. Zu sehen sind eigentlich nur zwei Laibungen einer Tür, welche einen recht wackeligen, schiefen Eindruck macht. Durch diese enge Pforte werden nur wenige Menschen gelangen, wie etwa die beiden frommen Beter in der Mitte der Figurengruppe. Wie auch bei mittelalterlichen Vorbildern ist der Papst unter den Geretteten, der aber hier seine hohe Tiara abnehmen muss, um überhaupt durch die Tür zu passen. Geholfen wird ihm von Petrus, zu erkennen anhand zweier Schlüssel (in Schatten unter seinem Ärmel), die ja auch ein Symbol des Papsttums waren und sind. Hinter der Pforte steht auf einem neogotischen Pfeiler noch eine kleine Skulptur, da aus kompositorischen Gründen diese Stelle nicht freizulassen war: ein schmückender Adorant mit einem Musikinstrument.
Walter Hotz: Handbuch der Kunstdenkmäler im Elsaß und in Lothringen. Deutscher Kunstverlag, München 1973.
Auguste Gasser: Les édifices religieux de Soultz, Soultz 1978.
Louis Wiederkehr: Église Saint-Maurice (Soultz) (1980).
Dominique Toursel-Harster, Jean-Pierre Beck, Guy Bronner: Alsace. Dictionnaire des monuments historiques, Straßburg 1995.
Claus Bernet: Gemacht für die Ewigkeit. Steinwerke des Himmlischen Jerusalem, Norderstedt 2013 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 8).