Zum ersten Mal wieder seit einem Beispiel aus der Romanik wurde in Kitzingen (Unterfranken) die Gottesstadt als Brunnen an einem öffentlichen Platz dargestellt und zu Ostern 1992 feierlich eingeweiht. Das wundert, denn der Gedanke eines Jerusalem-Brunnens ist naheliegend: hier lässt sich beobachten, wie echtes Wasser aus der Stadt Jerusalem die Schöpfung befruchtet! Man findet das Kunstwerk auf dem Kirchplatz der Stadt zwischen dem römisch-katholischen Pfarramt und der Kirche St. Johannis, die dieses Werk in Auftrag gegeben hat. Es steht auf einem Teil des aufgelassenen, ehemaligen katholischen Friedhofs, der erst 1993 verkehrsberuhigt wurde. Heute ist das Viertel fast nur von Migranten bewohnt, und die muslimischen Nachbarn sitzen im Sommer meist auf den Bänken um den Brunnen, während Kinder am Wasser spielen. Von daher ist dem Künstler der Ort Jerusalem als Bezugspunkt von mehr als einer Weltreligion besonders wichtig gewesen.
Ohne Übergang zieht sich ein Steinblock auf quadratischem Grundriss nach oben, wo sich grob behauene Felsen nach außen wölben. Auf diesen sitzt das Himmlische Jerusalem, welches hier als orientalische Festungsstadt mit hohen Mauern und sehr kleinen Fenstern der Wohntürme dargestellt ist. Alles ist in einem einheitlichen Grauton gefasst. Nur wo das Wasser aus den hohen, offenen Toren austritt, verfärbt sich der Stein dunkel. Geschaffen hat den Brunnen, der den Titel „Das himmlische Jerusalem“ trägt, der Künstler und in den 1990er Jahren zweite Bürgermeister Kitzingens, Klaus Christof (geb. 1949).
Ursprünglich sollte der Brunnen in weißem Marmor und mit einem höheren Becken ausgeführt werden. Aus Kostengründen wurden die Stele und der Kopf in Zement gegossen und nur noch ein gepflastertes Auffangbecken realisiert. Das 1:10 große Modell des ursprünglich vorgesehenen Brunnens befindet sich heute in Berlin bei Herrn Peter Wagner.
Von 1992 stammt auch ein Entwurf zu einem Gemälde und eine Radierung zu der Einweihung des Brunnens (beides 38 x 26 Zentimeter). Die Zeichnungen belegen, wie wichtig dem Künstler das Thema gewesen, wie viel in dem Brunnen umgesetzt wurde und wie viel weggelassen werden musste. Übernommen wurden vor allem die Bauten der Stadt, auch das mächtige Doppeltor vorne rechts ist zu finden. Komplett weggelassen wurde das Lamm auf dem versiegelten Buch samt der beigestellten Leuchter, was sich in Stein kaum hätte umsetzen lassen.