
Das Motiv „Torszenen“ hat sich im deutschsprachigen Raum nicht nur als Gemälde erhalten, sondern auch als Fresken in Kirchen. Nur wenige Beispiele aus der Romanik oder Gotik haben in Deutschland – im Gegensatz etwa zu England, Frankreich oder Italien – die vielen Kriege und Bilderstürme überstanden.
Ein besonders radikales Beispiel, bei dem das Himmlische Jerusalem auf eine Eingangsszene reduziert ist, befindet sich in Steinbach an der Haide im Frankenwald. Die Siedlung befindet sich strategisch geschützt auf einem Schiefertafelberg, hier konnte die mittelalterliche Kirche St. Elisabeth die Stürme der Jahrhunderte gut überstehen. Sie enthält eindrucksvolle gotische Fresken aus der Zeit um 1300, die bei der Renovierung der Kirche im Jahre 1964 entdeckt, freigelegt und restauriert wurden. Es handelt sich um eine der ältesten Belegstellen für dieses Motiv als Fresko in Franken, welches sich bis auf den heutigen Tag erhalten hat. In Teilen (etwa bei den Figuren) ist es verlustig, und auch die überwiegend rötlichen Farben sind nachgetragen. Das Himmlische Jerusalem ist jedoch erfreulich gut erhalten: Vier ausladende Treppen führen an ein offenes Rundbogentor, in welchem vermutlich Petrus steht – sein Schlüssel rechtfertigen diese Vermutung. Hinter ihm befindet sich ein oktogonaler Torturm und links ein angrenzende Stück Mauer mit Zinnenbekrönung. Die gesamte Architektur ist in rotem Ochsenblut gefasst, die damals preiswerteste Farbe. Die Szene gehört zu einem Weltgerichtsfresko: während links vom Altar das Neue Jerusalem gesetzt ist, findet man auf der gegenüber liegenden Seite, wie üblich und nicht anders zu erwarten, eine Höllendarstellung.
Siegfried Scheidig: Festschrift und Chronik Steinbach an der Haide, Ludwigsstadt 1981.
Claus Bernet: Himmlisches Franken, Norderstedt 2012 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 4).