Basilia Gürth (1923-2018): Fenster der Franziskanerkirche in Graz (1982)

Zu sehen ist der obere Abschluss eines gotischen Langfensters, mit einer Stadtmauer, die sich horizontal durch drei Fensterbahnen zieht. Ebenfalls verbindet der blaue Lebensfluss die drei Bahnen miteinander. Die mittlere Bahn ist hervorgehoben: Hier schwebt im oberen Bereich das weiße Lamm, von dem aus Strahlen die Stadt erleuchten, hier befindet sich bei den Bauten der Stadt unten eine größere Kuppel, und schließlich findet man hier die Bildunterschrift in griechischer Sprache. Die Fenster in Höhe der Bebauung sind gelb oder grün, darunter hauptsächlich blau, denn hier zieht sich der Lebensfluss an der Stadtmauer entlang. Darunter befindet sich nicht etwa Christus Pantokrator, sondern ein Thema, was mit dem Himmlischen Jerusalem eigentlich nicht in Verbindung steht: Daniel in der Löwengrube.

Das Detail gehört zu einem Fenster aus der Franziskanerkirche in Graz in der Steiermark. Es entstand durch die Benediktinerin und Äbtissin Basilia Gürth (1923-2018) 1982 für den Hochchor der Kirche des Franziskanerordens. Dieses Fenster der Serie ist als erstes entstanden, abgeschlossen wurde die Serie erst im Jahr 1987. Auf dem Fenster finden sich wichtige weitere Informationen zu ihrer Geschichte. So entstand die Neuverglasung auf Veranlassung von Guardian Pater Klemens Sladecek. Beauftragt wurde mit der Ausführung die Glaswerkstatt des Stifts Schlierbach. Schließlich ist noch zu lesen „Farbübersetzung und Ausführung O. K.“, was sich vermutlich auf einen ausführenden Mitarbeiter der Werkstatt bezieht. Das „T“ über dem Fenster hat nichts mit der Herstellung zu tun, es handelt sich um das Tau-Symbol für die franziskanische Ordensfamilie.

Horst Schweigert: Die Franziskaner- und Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Graz, Salzburg 1989.
Helma Roth: Zum künstlerischen Werk von Sr. Basilia Gürth OSB unter besonderer Berücksichtigung der Gestaltung von Glasfenstern, 2 Bände, Diplomarbeit Universität Graz 1998.
Wiltraud Resch: Franziskanerkirche Graz, Kloster- und Kirchenbegleiter, Graz 2008.

 

Zur Künstlerin:

Basilia Utta Gürth wurde am 28. Juni 1923 in Wien geboren. Sie wuchs als einziges Kind eines Verlagsdirektors und einer Lehrerin in einem bürgerlichen katholischen Haushalt auf. Sie war sehr von der Wandervogel-Bewegung und vom „Bund Neuland“ geprägt, deren Schule sie in Wien-Grinzing besucht hatte. Nach dem Abitur in Chemnitz studierte sie bei Malerei bei dem Grafiker Karl Sterrer (1885-1972) an der Akademie der bildenden Künste Wien. 1947 trat Gürth dem Benediktinerorden bei und zog in das Benediktinerinnenkloster St. Gabriel bei Fehring in der Oststeiermark. Für das Kloster war sie auch Subpriorin, Priorin, Novizenmeisterin und leitete schließlich von 1989 bis 1998 das Kloster als Äbtissin.
In dem Kloster begann sie ihre Karriere als Künstlerin und schuf Glasfenster für zahlreiche katholische Kirchen und Kapellen Österreichs, aber auch darüber hinaus. Auch als Porträtistin von Nadja Tiller, Anneliese Rothenberger, Samy Molcho und anderen ist sie hervorgetreten. Von 1959 bis 1963 besuchte sie die Meisterklasse bei dem Grafiker Rudolf Szyszkowitz (1905-1976), und von 1968 bis 1972 die Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg. Außer den Glasfenstern in der Franziskanerkirche in Graz findet man Glasarbeiten von Gürth in der Kapelle des Landeskrankenhauses Vorau, im Kloster Marienkron, in Kremsmünster und im Wiener Stephansdom. Für die Pfarrkirche St. Josef in Schwaan (Mecklenburg-Vorpommern) schuf sie einen Flügelaltar. Sie wurde nach ihrem Tod im Alter von 95 Jahren am 11. August 2011 in Sankt Johann bei Herberstein bestattet.

 

tags: Graz, Steiermark, Benediktiner, Franziskaner, Chor
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