In London erschien bei dem Verlag Cresset-Press 1928 eine hochwertige Ausgabe des ersten Teils von „Pilgrim’s Progress“ mit schwarzweißen Arbeiten von Blair Hughes-Stanton (1902-1981) und Gertrude Hermes (1901-1983). Die expressive Ausarbeitung mit dem Neuen Jerusalem als Lichterscheinung am Horizont eines langen Pilgerweges ist der Seite 65 zugeordnet und ist ein alleiniges Werk von Hermes.
Eine Besonderheit ist die winzige rundbogige Pforte im Hintergrund, die mit Hilfe der Gloriole leichter entdeckt werden kann. Die umgebende Landschaft ist durch Blöcke markiert, die ganz besonders die Merkmale des Expressiven in sich tragen und die an Kristalle oder Eis denken lassen. Eine schmale Linie mäandert zu diesem Tor, vielleicht ist es ein Weg oder der Lebensfluss? In späteren Jahren hat die Künstlerin auch vollständig abstrakte Zeichnungen ausgeführt, allerdings nicht das Himmlische Jerusalem. Diese Arbeit hat den Titel „The Valley of the Shadow of Death“ („Das Tal des Todesschattens“) und gehört zum Frühwerk von Gertrude Hermes (1901-1983), die gerade ihr Studium der Malerei abgeschlossen hatte.
The wood-engravings of Gertrude Hermes, Aldershot 1993.
Katherine Eustace (Hrsg.): The wood engravings of Gertrude Hermes and Blair Hughes-Stanton, Oxford 1995.
Zur Künstlerin:
Gertrude Anna Bertha Hermes wurde am 18. August 1901 in Bickley (Kent) geboren. Ihre Eltern, Louis August Hermes und Helene, geb. Gerdes, stammten aus Altena im Sauerland. Ungefähr 1921 besuchte sie die Beckenham School of Art und schrieb sich 1922 an der Brook Green School of Painting and Sculpture des Bildhauers Leon Underwood (1890-1975) ein, wo Eileen Agar, Raymond Coxon, Henry Moore und Blair Hughes-Stanton ihre Kollegen waren.
Eine der ersten Arbeiten neben Pilgrim’s Progress war ihre Mitwirkung an der Veröffentlichung des Bandes „Island“ (1931), der von Joseph Bard herausgegeben wurde. Darüber kam sie in Kontakt zu Penguin Books und wurde eine Illustratorin dieses Großverlags. Ab 1934 stellte Hermes regelmäßig in der Royal Academy aus und war 1939 auf der Internationalen Ausstellung in Venedig vertreten. 1937 führte sie einen Auftrag für den britischen Pavillon auf der Pariser Weltausstellung aus. Sie lebte und arbeitete von 1940 bis 1945 in den USA und Kanada. Nach ihrer Rückkehr lehrte sie Ende der 1940er bis Anfang der 1950er Jahre Holzstich und Linolschnitt an der Central School of Art in London (heute Central St Martin’s). Außerdem leitete sie einen Zeichenkurs am Londoner Zoo. Ab 1966 lehrte sie Holz- und Linoldruck an den Royal Academy Schools.
1949 wurde Hermes zum Mitglied der Royal Society of Painter-Etchers and Gravers gewählt. 1961 erhielt sie den ersten Preis in der Giles-Bequest-Wettbewerb im Victoria and Albert Museum für ihren Linolschnitt „Stonehenge“. Sie wurde 1963 assoziiertes Mitglied der Royal Academy und 1971 ihr vollständiges Mitglied. 1981 wurde ihr die Auszeichnung „Order of the British Empire“ verliehen.
Arbeiten von Gertrude Hermes sind in vielen öffentlichen Sammlungen aufgenommen, einschließlich der Tate Galery und der National Portrait Gallery. Ihre Arbeiten befanden sich auch in privaten Sammlungen, darunter ein Bronze-Türklopfer „Swallow“ aus dem Jahr 1926 in der Sammlung des Musikers David Bowie. Hermes erlitt 1969 einen schweren Schlaganfall, der sie arbeitsunfähig machte. Sie verstarb am 9. Mai 1983.