Markus von Gosen (1913-2004): Martinikirche in Minden (1953)

Das kriegszerstörte Chorfenster der lutherischen Martinikirche in Minden (Ostwestfalen) wurde 1954 erneuert. Lässt man die Notverglasungen außer acht, dann ist hier eine der frühesten bedeutenden Glasarbeiten der Nachkriegszeit entstanden. Die lange Fensterbahn zeigt unten die Arche Noah, darüber das Gleichnis vom Weinberg, dann das Neue Jerusalem (hier zu sehen) und ganz oben Christus als guten Hirten. Die Arbeit aus Antikglas, Blei und Schwarzlot ist signiert und nennt Markus von Gosen (1913-2004), einen Glaskünstler aus Breslau, der nach dem Krieg nach München geflüchtet war. Dort errichtete er eine eigene Fresken- und Glasmalereiwerkstatt, in der auch dieses Fenster angefertigt wurde. In seinem umfangreiche Schaffen ist es hier das erste Mal, dass er das Neue Jerusalem bildlich thematisierte. Von Gosen zeigt uns Jerusalem in einem Kreis, in welchem ein Quadrat gelegt ist, wobei die Architektur und Bäume sowohl die Quadratseiten als auch den Kreisumfang überschreiten. Das betrifft zwei Architekturteile links unten und links oben. Vielleicht ist damit gemeint, das etwas vom Neuen Jerusalem auch in unsere Welt hineinragt? Die Stadt ist angefüllt mit Wohnbauten, die etwas an Bauklötzchen erinnern. Dazu tragen auch die bunten Farben bei, die diese Fensterdetail bestimmen, während die restliche Fensterbahn farblich zurückhaltend koloriert wurde. Die Stadtmitte blieb ungestaltet, da sich die breite Halterung der Fensterbahnen wie ein Kreuz durch das Kunstwerk zieht.

 

Reinhard Mumm: Die St. Martini-Gemeinde in Minden/Westfalen, Minden 1959.
Jürgen Römer: Martinikirche Minden, Regensburg 2005.
Heinrich Winter (Hrsg.): Ratskirche St. Martini Minden. Ein Jahrtausend Kollegiatstift, Pfarrei, Gemeinde. Evangelisch-Lutherische Sankt-Martini-Kirchengemeinde, Minden 2009.
Jan J. Trzynadlowski: Ojciec i syn – Theodor/Marcus von Gosen, Wrocław 2011.

 

tags: Minden, Ostwestfalen, Nachkriegskunst, Chorfenster
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