In Marxloh befindet sich der große evangelische Friedhof von Duisburg (Ruhrgebiet). Der Stadtteil ist heute als Problemzone in ganz Deutschland bekannt, doch niemand kennt seine Kunstwerke. Den Eingangsbereich zum Friedhof, die linken Wandseite eines Hofdurchgangs zwischen Straße und Friedhofsgarten, hat Karl Prasse (1906-1997) gestaltet. Prasse war in Duisburg geboren worden und arbeitete später als Maler, Grafiker und Bildhauer in dieser Stadt. Er hatte sich bereits in der Nachkriegszeit auf die Gestaltung des öffentlichen Raums spezialisiert, als es vielfach noch um die Beseitigung von Kriegsschäden und den Wiederaufbau ging. Eine seiner frühen Arbeiten ist dieses Mosaik aus Buntglassteinen. Zu dieser Zeit war das Quadrat bzw. das Rechteck eine beliebte geometrische Grundfigur, aus der auch Prasse das Himmlische Jerusalem symbolisch in geometrischen Mustern zusammenfügte. Die Stadt erscheint begrünt, auch den Lebensfluss und die zwölf Tore kann man ausmachen – und dennoch hat die Konzeption eine abstrakte Tendenz. In der Mitte fällt sogleich das rote Quadrat auf, welches in sich ein kleines goldenes Quadrat birgt: Dies steht für Christus, den eigentlichen Bezugspunkt Jerusalems. Von ihm aus strömt das Wasser des Lebens in die vier Himmelsrichtungen. Im Inneren befinden sich auch vier grünfarbene Quadrate, die durch eine schräge Linie in einen hellen und dunklen Bereich geteilt sind. Die ist wohl ein Verweis auf paradiesische Zustände und auf den Baum des Lebens sowie den Baum der Erkenntnis.
Am Rande der Stadt erscheinen die zwölf Tore als dunkelblaue Blöcke. Diese Stadt präsentiert keine gewöhnliche Perspektive, sondern es ist eher ein Grundriss, Stadtplan oder ein Blick auf die Stadt aus der Vogelperspektive. Obwohl oder weil dieses Werk einen hohen abstrakten Anteil hat, ähnelt es frühmittelalterlichen Beatusillustrationen (etwa Arroyo-Beatus von 1230). Prasse dürfte solche Miniaturen gekannt haben, spätestens seit seiner Ausbildung an der Werkkunstschule Hannover.
Kunst und Bauen in Duisburg 1950 bis 1986, in: Duisburg, 1987, S. 103-106 und 178.