Das Tarotspiel, wie wir es heute kennen, entstand in Oberitalien zwischen Ferrara, Mailand, Florenz und Siena. Das älteste „Trionfi-Spiel“, wie man es auch nannte, stammt von etwa 1418, es war zugleich das vielleicht teuerste aller Zeiten und die Karten kosteten damals 1.500 Dukaten.
1452 zeigte Sigismondo Malatesta (1417-1468), genannt „der Wolf aus Rimini“, Interesse an einer neuen Trionfikarten-Serie. Eine erste Ausgabe dieser Produktion, das sogenannte Pierpont-Morgan-Bergamo-Tarocchi (auch Visconti-Sforza-Tarocchi) wird diesem Jahr 1452 in Cremona zugeordnet. Von dem Original haben sich 74 Karten erhalten.
Eine Besonderheit stellt das Himmlische Jerusalem in einem Tarot-Kartenspiel dar. Unter den Gesellschaftsspielen ist es das erste Mal, dass hier das Himmlische Jerusalem Thema wurde. Es konnte nur die letzte, die 21. Trumpfkarte sein, denn diese Karte stellt das endgültige Ziel der Lebensreise dar, die letztendlich – ganz im Sinne des humanistischen Menschenbildes – die Reise zur eigenen Vervollkommnung sein soll. Die Karte „die Welt“ steht für Zustände, die auch dem Geretteten im Himmlischen Jerusalem gemein sind: Vollendung, ein Ziel erreicht zu haben, ein triumphaler Abschluss, Erfüllung, seine Lektion gelernt zu haben. Dargestellt ist dies mittels zweier Putti, die vor einem Hintergrund aus ornamentiertem Blattgold folgendes Bild in ihren Händen halten: In einem Tondo erscheint auf einer niedrigen Felsplatte die himmlische Stadt, selbstverständlich in freier Anlehnung an das gerade fertiggestellte Castello Sforzesco in Mailand. Die Mauern sind hexagonal angeordnet, man sieht drei der Seiten, mittig ein Zugangstor. Im Inneren finden sich mehrere Türme, die etwas an die oberitalienischen Geschlechtertürme erinnern. Nicht wenige der Bauten sind Kirchen oder Kapellen, erkennbar an den weißen lateinischen Kreuzen, die sich gut vom Tiefblau des Firmaments abheben.
Visconti Sforza tarocchi deck, fifteenth century. Reproduced […] from the original […] circa 1430, Milan. With booklet of instruction by Stuart R. Kaplan, New York (1975).
Martin Kriele, Robert Spaemann (Hrsg.): Die großen Arcana des Tarot, Basel 1989.
Eckhard Graf: Mythos Tarot – historische Fakten, Ahlerstedt 1989 (Esoterik des Abendlandes, 2).
Giordano Berti, Tiberio Gonard, Pedro Seiler: Das Visconti-Tarot, Klein Königsförde-Krummwisch 1999.