Holzschnitte „Libre de les dones“ aus Spanien (1531, 1561 und 1589)

Am 30. Juni 1531 erschien bei dem Verleger Diaz Romano das „Libre de consells fet per lo magnifich mestre Iaume Roig“, auch als „Libre de les dones“ bezeichnet. Es handelt sich um ein in der Frühen Neuzeit beliebtes Erbauungsbuch im Rahmen der Marienverehrung, das aber nicht frei von Ironie war und ein recht negatives Frauenbild entwarf. Der Verfasser war Jaume Roig (1401-1478), ein Arzt, Politiker und Schriftsteller. Die Ausgabe von 1531 wurde auf dem Frontispiz, fol. 1r, mit der zu dieser Zeit überaus beliebten Lauretanischen Litanei, auch Marienlitanei oder Tota Pulchra genannt, versehen. Der Holzschnitt entstand in Valencia, wo Roig als erfolgreicher Arzt und Schriftsteller gelebt hatte. Natürlich verrät das Frontispiz die Kenntnis der inzwischen eine Generation zurückliegenden Vorlage von Thielman Kerver und setzt dementsprechend neue Akzente. Die Himmelspforte mit jetzt massiven Quadersteinen und ohne ihre beiden Seitentürme befindet sich links in der Mitte, die Civitas Dei rechts, ganz unten (lateinisches Schriftband beschädigt).

Fina Querolfaus: La vida valenciana en el siglo XV, Valencia 1963.
Victorio G. Agüera: Un picaro catalan del siglo XV, Barcelona 1975.

 

1561 erschien in Valencia eine weitere Ausgabe von „Libre de les dones“ des Jaume Roig. Die Ausgabe von 1561 wurde, wie schon bei der Ausgabe 30 Jahre zuvor, wieder mit einer Marienlitanei versehen (Detail fol. 1r), jetzt aber ohne Schriftbänder. Die Himmelspforte befindet sich rechts in der Mitte, die Civitas Dei ebenfalls rechts, ganz unten. Als Besonderheit darf gelten, dass aus dieser Stadt eine Lilie, ein weiteres Symbol Mariens, herauswächst, die bei Kerver zwar schon angelegt ist, aber sich viel weiter oben befindet.

 

Zeitgleich erschien durch Iaume Cortey eine Ausgabe in Barcelona, die auf die lateinischen Beschriftungen nicht verzichtet hat. Die Mariensymbole wurden wieder neu angeordnet, einen Kanon der Anordnung gab es nicht mehr, jeder Künstler kombinierte neu. 

Victorio G. Agüera: Un picaro catalan del siglo XV, Barcelona 1975.
Rosanna Cantavella: Els cards i el llir. Una lectura de l’Espill de Jaume Roig, Barcelona 1992. 

 

Eine letzte Fassung erschien in Spanien 1598. Alonso de Villegas (1534 – ca. 1615) war ein römisch-katholischer Geistlicher der Universität Toledo, der auch als populärer Schriftsteller mit Erbauungsbüchern hervortrat. Mit „Selvagia“ hat er sogar eine Komödie verfasst. Hauptwerk ist seine sechsbändige „Flos Sanctorum“: eine Darstellung der Leben von Heiligen, vor allem das der Jungfrau Maria. In Barcelona erschien 1589 bei Pedro Gotard der zweite Band. Die darin enthaltenen Holzstiche kopieren ältere Arbeiten, u.a. auch eine Marienlitanei einschließlich Himmelspforte und Civitas Dei. Die anspruchslose Arbeit, die sich in der linken Kolumne von fol. 7 findet, hält sich eng an die Fassungen in dem vorherigen „Libre de les dones“ (1561), welches ja ebenfalls in Barcelona erschienen ist. Eine Besonderheit am Rande: Neben dem Hortus Conclusus erscheint eine kleine Figur. Dies ist kein Mönch, sondern der Verfasser als Stifter im Priestergewand. Er hat auch andere Werke mit seinem Porträt versehen, um seine Urheberschaft zu sichern.

 

tags: Holzschnitt, Spanien, Maria Immaculta, Porta Coeli, Civitas Dei, Gegenreformation
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