Otto Veen (Vaenius) (1556-1629): „Amoris divini emblemata“ (1615) und Kopie (1724)
Dieser Kupferstich entstammt der Ausgabe „Amoris divini emblemata“, welche ein gewisser „Vaenius“ 1615 als religiöses Gegenstück zu seinen säkularen Erotikemblemen („Amorum Emblemata“, 1608) herausgab, um seinen Ruf wiederherzustellen oder sein Gewissen zu beruhigen. Dieser Vaenius (Otto Veen, 1556-1629) ist heute höchstens noch bekannt als Lehrer von Rubens, war seinerzeit aber der bedeutendste Maler in ganz Antwerpen.
Der Kupferstich auf S. 111 gehört zu einem Gedicht „Conscientia testis“ und bezieht sich auf den 64. Psalm. Er zeigt das Himmlische Jerusalem als Festung auf einem Berg, während unten im Tal das historische Jerusalem im Krieg bedrängt wird. Ganz links ist noch auf einen Putto zu verweisen. Mit einem kleinen Kreuz in seiner Hand deutet er auf einen schmalen, kaum sichtbaren Pfad, welcher steil nach oben zum Himmlischen Jerusalem führt. Zu seinen Füssen befindet sich keine Weltkugel, sondern eine der Kanonenkugeln, mit denen die irdische Stadt rechts beschossen wird.
Fast ein Jahrhundert später wurde der Kupferstich leicht verändert erneut abgedruckt. Er ist Jan Sudermans „De godlievende ziel vertoont in zinnebeelden door Herman Hugo en Otto van Veen met dichtkunstige verklaringen“ (Amsterdam 1724) entnommen und findet sich dort als Bebilderung nach der Seite 108 (Abbildung Nr. 52). Unter seinen Übersetzungen und eigenen Werken ist dieses Werk Sudermans – eine Reflexion der Gedichte Hugos und van Veens – am bedeutendsten. Der weichere, teilweise verwaschen Kupferstich ist ein Werk von I. Smit, der sich hier, vor allem bei der Präsentation der Gottesstadt, eng an die Vorlage anlehnte.
Mario Praz: Studies in Seventeenth-Century imagery, Roma 1975 (2).
Karel Porteman: Inleiding tot de Nederlandse emblemataliteratuur, Groningen 1977.
John Landwehr: Emblem and fable books printed in the low countries 1542-1813. Third revised and augmented edition, Utrecht 1988.
Anne Buschhoff: Die Liebesemblematik des Otto van Veen, die Amorum Emblemata (1608) und die Amoris Divini Emblemata (1615), Bremen 2004.
Cristelle Louise Baskins, Lisa Rosenthal: Early modern visual allegory. Embodying meaning, Aldershot 2007.