Hieronymus Wierix (1553-1619): Maria Immaculata-Darstellungen (Anfang 17. Jh.)
Hieronymus Wierix (1553-1619) hat sich Zeit seines Lebens immer wieder mit der Darstellungsweise Maria Immaculata beschäftigt und die Himmelspforte wie die Civitas Dei mehrfach darauf abgebildet. Eine der ersten Arbeiten (Gesamtgröße 11 x 8 Zentimeter) aus einer Oxforder Kupferstichsammlung entstand noch vor 1604. Auf dem Kupferstich wurden nicht weniger als 22 Mariensymbole von einer mittigen Marienfigur abgegrenzt, die als „Tabernaculum dei cum hominibus“ präsentiert wird. Eines der Symbole auf der oberen Abschlussleiste ist eine kleine „Porta Coeli“ mit einer menschlichen Figur in der Türrahmung. Die rechte Abschlussleiste zeigt in einem Feld die Civitas Dei und in einem weiteren die Himmelspforte, diesmal als Porta Clausa.
Jan van der Stock, Marjolein Leesberg (Hrsg.): The Wierix family, 4, Rotterdam 2003 (Hollstein’s Dutch and Flemish etchings, engravings and woodcuts 1450-1700, 62).
Wierix‘ Fasssung aus der Zeit um 1610 basiert auf einer Konzeption seines Kollegen Marten (Martin) de Vos (1532-1603) aus Antwerpen und wurde von Jean-Baptist Vrints ausgeführt. Der Stich (Gesamtgröße 11 x 9 Zentimeter) „Virgo parens dilecta deo, invidiosa dracon christicolas inter tota decora nites“ befindet sich heute in der Staatlichen Kunstsammlung Dresden. Auf der rechten Seite ist ein breites Himmelstor gezeichnet, dessen Schauseite mit Dreiecksgiebel zudem perspektivisch eigenartig gesetzt ist. Dahinter sieht man die Civitas Dei, die allerdings etwas dunkel geraten ist. Es ist das einzige überlieferte Beispiel, bei dem die Pforte direkt vor die Gottesstadt gesetzt ist und damit zum Stadttor wird.
Eine weitere Arbeit mit den Mariensymbolen, die in sieben Tondi um die zentrale Marienfigur angeordnet sind, entstand von Wierix ebenfalls um 1610. Dieser Stich hat die Gesamtgröße von 14 x 8 Zentimetern und ist überschrieben mit „O Clemens, O Pia, O dulcis virgo Maria“. Der fünfte Tondo rechts unten zeigt die „Porta Coeli“, zwischen zwei Perlen, die die sieben Tondi miteinander verbinden, in Anlehnung an einen Rosenkranz. Es ist ein klassizistischer Bau, mit zwei Säulen und einem Kapitell erinnert er an einem Tempel. Diese Pforte scheint nicht geöffnet zu sein.
Zur gleichen Zeit entstand eine Variante des Verlegers Jacques (Jacob) Granthomme aus dem Besitz des Herzogs August d. J. zu Braunschweig-Lüneburg (1579-1666). Das Blatt ist hier Teil der Serie „Piae Meditationes biblicae in canticum“, die in Heidelberg hergestellt worden sein soll, Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel, HAB, Sign. 24.1 Geom. 2 (11-8).
Leo van Puyvelde: Bernardo Passeri, Marten de Vos and Hieronymus Wierix, Roma 1956.
Jan van der Stock, Marjolein Leesberg (Hrsg.): The Wierix family, 5, Rotterdam 2004 (Hollstein’s Dutch and Flemish etchings, engravings and woodcuts 1450-1700, 63).
Am Ende seiner Karriere entstand nochmals ein Kupferstich von Wierix, der wieder beide Mariensymbole, also Pforte und Gottesstadt, vereint. Gefertigt wurde der Stich nach einem Werk von Johannes Stradanus (1520-1570) und ausgeführt von Philippus Galle. Einfallslosigkeit kann man Wierix nicht vorwerfen: Die Civitas Dei befindet sich jetzt rechts unten, in unmittelbarer Nähe eines Drachens zu Füßen Mariens. Direkt darüber ist eine klobige Pforte gesetzt. Im Gegensatz zu den vorherigen Arbeiten ist diese Zeichnung viel detailfreudiger und filigraner ausgearbeitet, bei der Pforte kann man oben Schießscharten und bei der Stadt die einzelnen Bauten erkennen.
Die Arbeit (Gesamtgröße 20 x 14 Zentimeter) soll kurz vor 1612 entstanden sein und wurde anschließend häufig kopiert, vermutlich wegen des spektakulären Drachens, der Dramatik und Gefahr in die ansonsten friedliche und unbelebte Szenerie bringt.
Jan van der Stock, Marjolein Leesberg (Hrsg.): The Wierix family, 4, Rotterdam 2003 (Hollstein’s Dutch and Flemish etchings, engravings and woodcuts 1450-1700, 62).