Théodore-Cyrille Deligny (1808-1887): Mariensymbol aus Saint-Denis in Remy (um 1870)

Auf diesem Ausschnitt sehen wir einen Doppelkreis vor quadratischem, braunem Hintergrund. In den Kreis ist eine gemauerte Pforte gesetzt, deren anschließender Mauerzug das Braun des Hintergrunds wieder aufnimmt. Das Bauwerk füllt fast das gesamte Innere des Tondo aus. Lediglich ganz oben vermag man noch einen schmalen Streifen des Himmels zu erkennen. Etwas mehr vom Himmel erblickt man durch die Pforte, jetzt auch vorbeiziehende Wolken. In den weißen Doppelkreis sind die lateinischen Worte „Janua“ sowie „Coeli“ gesetzt, dazwischen die Buchstaben „M“. Übersetzt heißt dies „Pforte des Himmels“, und die Buchstaben „M“ sind eine Abbreviation des Namens Maria. Diesen Buchstaben findet man auch auf den 19 anderen Mariensymbolen, die das Fenster in zwei Bahnen bedecken. Sie gehören zu der Ausstattung der römisch-katholischen Kirche Saint-Denis in der Gemeinde Remy (Region Hauts-de-France), dort an der nördlichen Seite der Apsis. Der Ausschnitt befindet sich heute in der dritten Reihe (von unten gezählt) auf der rechten Bahn, befand sich ursprünglich aber womöglich woanders, da bei einer Sanierung nach dem Zweiten Weltkrieg die Motive in eine veränderte Reihenfolge gebracht wurden.
In Remy wurden dieses und weitere Fenster von Théodore-Cyrille Deligny entworfen, dem Abt der Kirche. Dieser beschäftigte sich als Autodidakt mit Kunst und hatte zuvor eine ähnliche Marienlitanei aus Glas für die Kirche in Jonquières entworfen. In beiden Fällen war das Budget sehr begrenzt, was man daran erkennt, dass die Fenster aus wenigen großen Buntglasscheiben zusammengesetzt werden mussten. Bis heute wurden die außergewöhnlichen Arbeiten eines Autodidakten, die Expressionismus und Moderne vorwegnehmen, von der akademischen Kunstgeschichte nicht zur Kenntnis genommen; die Fenster stehen noch nicht einmal unter Denkmalschutz (2021).

Philippe Bonnet-Laborderie, Jean-Marie Caudron: Les vitraux de l’abbé Deligny. Un précurseur de l’art nouveau, un curé du diocèse de Beauvais au xixe siècle, in: Bulletin du Groupe d’Etude des Monuments et Oeuvres d’Art de l’Oise et du Beauvaisis, 119-120,‎ 2004, S. 30-40, 70-79.

 

Beitragsbild: Pierre Poschadel, Remy (60), église Saint-Denis, verrière n° 1 – litanies de la Vierge 1, CC BY-SA 4.0

tags: Théodore-Cyrille Deligny, Region Hauts-de-France, Frankreich, Himmelspforte, Lauretanische Litanei
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