„Master of the Artés Family“: Jüngstes Gericht (um 1510)

Um 1510 entstand das Gemälde „O Juízo Final e a Missa de São Gregório“, auf deutsch „Das Jüngste Gericht oder die Messe des Heiligen São Gregório“. Es ist eine Ölmalerei, die sich heute im brasilianischen Kunstmuseum in São Paulo befindet. Im Himmelsbereich oben ist Christus beiderseits von Heiligen gerahmt. Links unten schaffen es noch einige Gerettete aus einem reinigenden Blutbad, dem Purgatorium, in die Himmelsstadt nach oben zu gelangen, während rechts in der Hölle keinerlei Hoffnung mehr zu sein scheint. Links werden die Geretteten durch ein spätgotisches Doppelturmtor in die Stadt geleitet. Das angrenzende, zinnenbekrönte Mauerstück führt halbkreisförmig zu einem weiteren, ähnlich gestalteten Einzelturm auf der gegenüberliegenden Seite. Die architektonische Trennung von himmlischem und irdischem Bereich ist ganz so, wie man es von zeitgenössischen Civitate-Dei-Darstellungen aus Manuskripten kennt. Die irdische von der himmlischen Sphäre mittels einer durchlaufenden Mauer zu trennen, war eine Modeerscheinung der Zeit um 1500.

Wo das Gemälde entstanden ist, weiß man nicht. Früher gingen Wissenschaftler von einer spanischen Herkunft, vermutlich in monastischem Umkreis, aus, doch neuere Stimmen halten eine Herkunft aus der „Neuen Welt“ nicht für gänzlich undenkbar. Da man neben der Herkunft auch den Maler nicht kennt, hat man ihm den Notnamen „Master of the Artés Family“ gegeben, dem eine Handvoll Malereien zugewiesen werden, die letztlich aber recht unterschiedlich aussehen. Ein Himmlisches Jerusalem ist kein zweites Mal darunter, mit Ausnahme eines spanischen Retabels von Pere Cabanes (Museo de Bellas Artes de Valencia), einem Maler, der zum Umkreis der „Master of the Artés Family“ gezählt wird.

Pietro Maria Bardi: Museu de Arte de São Paulo, São Paulo 1978 (2).
Pietro Maria Bardi: História do MASP, São Paulo 1992.
Luiz Marques: Catálogo do Museu de Arte de São Paulo, São Paulo 1998.
Claus Bernet: Latein- und Südamerika, Norderstedt 2016 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 39). 

 

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