Herbert Bessel (1921-2013): Glasbänder in St. Sebald in Erlangen (1967)

Der Neubau der römisch-katholischen Kirche von St. Sebald in Erlangen (Mittelfranken) wurde im Jahr 1967 mit Fenstern von Herbert Bessel (1921-2013) ausgestattet. Ausgeführt wurden die Glasarbeiten von der Manufaktur Alfred Hanold in Zirndorf. Das Thema „Himmlisches Jerusalem“ zieht sich als großes Fensterband um vier Seiten, unter denen die Gemeinde Platz nimmt. Im expressiven Ausdruck, in der geometrischen Formensprache und in der Bevorzugung trüber, dunkler Farben ist es eine typische Arbeit einer abstrakten Richtung der späten 1960er und frühen 1970er Jahre (vgl. Alan Youngers Fenster für Tamworth). Der Künstler gab anhand von Unterlagen zu dem eingeschränkten Wettbewerb hilfreiche Erklärungen zu den nicht leicht zu versehenden Fenstern, die einer durchdachten Konzeption folgen.

„Das Hauptfenster über dem Altar und der Orgel symbolisiert Gott, den Vater. Drei Bögen in transparentem Rot weisen auf seine Präsenz in der Eucharistie hin. Gleichzeitig deutet die Zahl Drei auf die Trinität, die das Thema der Bänder sind: ‚Die Trinität im Neuen Jerusalem‘. Hier vereinen sich Elemente, die alle vier Bahnen gemein sind: In die Mitte habe ich ein Mauerband gesetzt, dessen Oberflächengestaltung von den Edelsteinen inspiriert war. Darunter wie darüber ist ein gelbes Band geführt, in dem unten die Tore der Stadt eingearbeitet sind.

An der rechten Seite: Der Sohn. Hier deutet uns die Zahl Zwei an, dass Christus Anfang und Ende ist, Alpha und Omega, Altes und Neues Testament. Er selbst ist unsichtbar, sein Geist, und seine Präsenz zeigen gelbe und weiße Scheiben mittig an. Sie sind flankiert von zwei Bäumen, dem Baum der Erkenntnis (links, in der Vergangenheit) und dem Baum des Lebens (rechts in der Zukunft, denn die göttliche Offenbarung schreitet fort).

Zum Eingang hin: Der Geist. Drei Bögen zeigen Vollendung und Erfüllung an, die mit dem gegenüber liegenden Fenster korrespondieren. Hier, wie auch an anderen Stellen, habe ich Engelsfiguren versteckt. Sie sollen dem Betrachter ein Gegenüber, ein Gesehen-Werden, ein Du ermöglichen. Hier ist eine Figur dunkel, eine Figur hell, um anzuzeigen, dass der Geist Tag und Nacht am Wirken ist – eine ursprünglich gesetzte Sonne mit einem Mond mussten nach dem Wettbewerb auf Wunsch der Jury zu Engelsfiguren geändert werden.

Abschließende linke Seite: Das Wasser des Lebens. Wie ein gewaltiger Fisch – man ruft sich die Jonasgeschichte in Erinnerung – ziehen sich Wellen des lebendigen Wassers über den Toren der Stadt entlang. Sie befruchten die neue Schöpfung, deren grüne und rote Früchte unten angedeutet sind. Es steht dem Fenster ‚Sohn‘ gegenüber, um anzuzeigen: ‚wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt‘“.

Ferdinand Böhmer: Sankt Sebald Erlangen, Erlangen 1967.
Anton Henze: Herbert Bessel als Glasmaler, in: Das Münster. Zeitschrift für christliche Kunst und Kunstwissenschaft, 24, 2/3, 1971, S. 97-100. 
Matthias Mende (Hrsg.): Herbert Bessel. Ein Künstler in Franken, Nürnberg 2001.

 

Zum Künstler:

Herbert Bessel wurde 1921 in Hamburg geboren. Nach dem Abitur 1941 wurde er als Soldat an die Front abkommandiert. 1945 konnte er an der Landeskunstschule in Hamburg-Lerchenfeld Malerei und Zeichnen studieren, u.a. bei dem Grafiker Willem Grimm (1904-1986) und dem Maler Erich Wessel (1906-1985). 1946 wechselte er an die Akademie der bildenden Künste Nürnberg, wo er als Meisterschüler von Otto Michael Schmitt (1904-1992) 1954 sein Studium abschloss. Anschließend arbeitete er freischaffend und beteiligte sich vor allem bei der künstlerischen Ausgestaltung beim Wiederaufbau Nürnbergs, das stark durch Fliegerbomben zerstört war. Vor allem figürliche Mosaike und Terrakottareliefs kamen damals zur Verwendung.
1964 eröffnete er sein Atelier in Altdorf bei Nürnberg, und seit 1966 nahm er regelmäßig an Ausstellungen teil. Jetzt konzentrierte er sich immer mehr auf farbige Glasfenster und fand seine eigene, abstrakte Formsprache. Über 50 Arbeiten für Kirchen und Kapellen in Süddeutschland stammen von Bessel. Daneben beschäftigte er sich intensiv mit der Druckgrafik und Tapisserien. Mit 91 Lebensjahren ist der Künstler am 25. März 2013 in Rasch verstorben.

Von seinen Mosaiken haben nicht alle die Renovierungen, Profanierungen und Abrisse der letzten Jahre überstanden; seine bedeutenden erhaltenen Arbeiten sind:
-Wandbild „Weltenrichter“ der Roßtaler Pfarrkirche (1956/1957)
-Glasfenster von St. Josef in Zirndorf (1962/63)
-Relief der Kirche St. Sebald in Erlangen (1967)
-Europäisches Museum für Modernes Glas, Rödental: Kabinettscheibe (um 1970)
-Fensterband der Kirche Heiligste Dreifaltigkeit im Fürther Ortsteil Stadeln (1974)
-Außentüranlage am Ende des Kapellenflures im Universitätsklinikum Erlangen (1985).

 

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