Was aussieht wie ein Designteller der 1950er Jahre ist in Wirklichkeit ein Wandgemälde. Es findet sich in der evangelischen Christuskirche und dem Gemeindezentrum in Landsberg am Lech in Oberbayern. Die Christuskirche wurde als Jugendstilkirche unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg erbaut. 1952 kam es unter Pfarrer Siegfried Müller zu umfangreichen Renovierungsarbeiten, bei denen die Jugendstilmalereien vernichtet und durch realistische Malereien im Heimatstil, der noch sehr an den vorherrschenden Geschmack der NS-Zeit erinnert, ersetzte wurden. In diesem Zusammenhang entstand auch das Wandgemälde. Es ist eine Arbeit des Künstlers Erich Horndasch (1926-2010) aus Stammham in der Region Ingolstadt. Dieser sollte viele Jahre später, 1998 in Wurmannsquick, noch ein weiteres Mal das Himmlische Jerusalem in einer Kirche darstellen.
Eines der Wandgemälde der Christuskirche im vorderen Kirchenbereich, oberhalb eines stehenden Engels, stellt das Himmlische Jerusalem dar. Die Stadt ist in etwa kreisrund. Im vorderen Bereich sind mehrere Türmchen zu sehen, zwischen denen spitzbogige Tore in das Innere führen. Dort stehen Einzelbauten, die an Landsberg am Lech angelehnt sind. So etwa inspirierte das spätgotische „Bayertor“ zu dem dreigliedrigen Turm in der Mitte, der unten rot und oben goldfarben gestaltet ist. Rot und Gold sind auch ansonsten die dominierenden Farben dieses Himmlischen Jerusalem. Verzichtet wurde hingegen auf typisch christliche Symbolik, wie Wächterengel, Kreuz oder das Gotteslamm. Horndasch antwortete mir auf Anfrage 2002: „Engel und weitere Figuren hätten Unruhe in das Werk gebracht. Im ersten Entwurf hatte ich vorgesehen, die Mitte vollständig golden zu belassen. Allein der Strom des Lebens sollte dort sein. Kurz vor Fertigstellung, wohl zur Weihnachtszeit 1951, kam es zu einem Treffen mit dem damaligen Dekan und dem Pfarrer aus Landsberg – in dieser Runde wurde der Lebensstrom durch die Bauten ausgetauscht. Statt vieler Engel wurde gemeinschaftlich beschlossen, einen großen Engel direkt unter die Stadt zu setzen, wie es dann später ausgeführt wurde.“
Klaus H. Bordon: Fünfundsiebzig Jahre Evangelische Christuskirche Landsberg a. Lech 1914-1989, Landsberg a. Lech 1989.
Heide Weißhaar-Kiem: Die evangelische Christuskirche in Landsberg. Ein Kirchenbau in der Nachfolge des Münchner Architekten Theodor Fischer, in: Bayernspiegel, 2, 1990, S. 13-14.
150 Jahre evangelischer Gottesdienst in Landsberg, 100 Jahre evangelische Kirchengemeinde, Landsberg am Lech 2000.
Christa Steger: Erich Horndasch, der Maler aus Stammham, Riedlhütte 2004 (3).
Claus Bernet: Wandmalereien, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 17).