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Grete Bardenheuer (1908-1993): Wandteppiche aus St. Antonius in Geisecke und St. Walburga in Porta Westfalica (beide 1975)

Die römisch-katholische Kirche St. Antonius befindet sich in Geisecke, einem Teil von Schwerte im südöstlichen Ruhrgebiet, direkt an dem Fluss Ruhr, der der Region seinen Namen gab. Den kleinen Altarraum der ungewöhnlichen Kirche aus den 1930er Jahren schmückt eine ungewöhnliche Textilarbeit (465 x 260 Zentimeter). Ein hell gehaltener Wandbehang zeigt den Weg vom Grab (unten) zum Himmlischen Jerusalem (oben). Der für die 1970er Jahre typische Teppich in einfachen Formen und braun-orangen Farbtönen zeigt die Stadt unten mit drei offenen, goldenen Toren. Von dort schwingt die Stadtmauer rechts nach oben, dann nach links einbiegend. Die Stadt ist somit von drei Seiten umschlossen. Die linke Seite ist frei und wird vom Lebensbaum und vom Lebensfluss gerahmt. Gut zehn einzelne, zweidimensionale Bauten füllen das Innere der Stadt und bilden eine Ansammlung von Bauten oben rechts. Man erkennt Dächer, Fenster und Kuppeln. Was fehlt, sind belebende Elemente wie Engel, Apostel, Christus oder Heilige: Die Stadt erscheint unbewohnt. Geschaffen wurde das Werk von Grete Bardenheuer (1908-1993) aus Essen im Jahre 1975. Die Künstlerin legte Wert darauf, einfache, gewöhnliche Materialien zu verwenden. So ist der Träger aus dem gleichen Stoff wie gewöhnliche Jutesäcke, dessen raue Oberfläche auf großen Partien des Teppichs unbearbeitet belassen wurde. Vielfach arbeitete die Künstlerin Applikationen ein, wie Glasperlen, Mosaiksteine, Knöpfe, Plastik, sogar Öffnungen von Cola-Dosen lassen sich finden. Ebenfalls ungewöhnlich, vielleicht sogar einzigartig sind die braunen Ausbuchtungen an der rechten wie linken Seite. Sie sehen wie Igel aus, ihre Funktion, wenn sie denn eine haben, ist unklar.

Bardenheuer hat sich zu ihrer eigenen Arbeit geäußert, was die Gemeinde für so bedeutsam hielt, dass ihre Worte auf einer Tafel dem Besucher das Werk erläutern. Solche Aussagen, von Künstlern autorisiert, sind eher selten und sollen daher nicht vergessen werden: „Dieser Wandbehang will in Verbindung zum Altar gesehen werden. Auf dem Altar vergegenwärtigen sich immer wieder Tod und Auferstehung Jesu. Der Wandbehang soll uns helfen, in dieses Geheimnis unseres Glaubens immer tiefer hineinzuwachsen. Es gibt eine Verbindung zwischen Himmel und Erde, symbolisiert durch den Fluss, dem ‚Wasser des Lebens‘, der an der Höllenpforte vorbeifließt. Mit diesem Wasser des Lebens kamen wir in der Taufe zum ersten Mal in Kontakt. Es wird uns immer wieder in dem Brote geschenkt, das auf dem Altar als ‚Himmelsbrot‘, ‚Speise der Pilger‘ oder ‚Wegzehrung‘ sichtbar ist. Mögen wir in der Kraft dieser Speise einmal das Ziel unseres Lebens, das ‚Himmlische Jerusalem‘ erreichen“. Dem ist nichts hinzuzufügen.

 

Ebenfalls 1975 wurde eine andere Arbeit der Künstlerin fertiggestellt, die auch das Neue Jerusalem zeigt, allerdings in ganz anderer Gestalt. Die römisch-katholische Gemeinde St. Walburga in Porta Westfalica (Ostwestfalen) wurde damals mit einem Wandteppich ausgestattet; in der Gemeinde wird er unter den Namen „Die Arche Noah“, „Die Sintflut“ oder auch als „Der alte Bund und das Neue Jerusalem“ bezeichnet. In der Kombination mit der Arche Noah, die in der Mitte des Teppichs gezeigt wird, ist die Darstellung des Neuen Jerusalems bislang schon einmal 1925 von Winfrieda Schmied präsentiert worden, wobei sich ein alt- mit einem neutestamentlichen Bildmotiv vereint. Bardenheuer zeigt die heilige Stadt oben links, am Beginn eines Regenbogens. Sieben Bauten stehen auf einem Hügel, dem Zionsberg. Alle Bauten haben goldene Kuppeln, teilweise sind auch in die Mauern Goldfäden eingewebt, an anderer Stelle sind sogar Glassteine in den Teppich eingearbeitet. Die Bauten sind aus der Fernsicht wiedergegeben, Einzelheiten wie Fenster oder Tore sind nicht zu erkennen. Der Wandbehang der Gesamtgröße 193 x 193 Zentimeter wird allerdings nur einmal im Jahr für ein paar Wochen in der Kirche aufgehängt, und zwar vom ersten Adventssonntag bis vor das Weihnachtsfest.

Der Teppich ist in der Gemeinde gut aufgehoben und bestens erhalten. Die Gemeinde besitzt noch weitere Werke der Künstlerin. Diese wurden, zusammen mit dem Teppich „Die Arche Noah“ um 2018 in einer Ausstellung der Kirche gezeigt.

Walter Warnach: Zu einer Ausstellung religiöser Kunst in Bonn, in: Das Münster, 3, 7/8, 1950, S. 250-251.
Theodor Block (Hrsg.): Katholische Gemeinde St. Walburga – 25 Jahre Gemeindezentrum, Porta Westfalica 1995.
Claus Bernet: Kunstwerke in Textil, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 13).

 

tags: Wandteppich, Ruhrgebiet, Ostwestfalen,
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