Reinhold Fürst (1928-2004): St. Stefan in Nürnberg (1987)

Franken ist vielleicht die mitteleuropäische Region mit der höchsten Dichte an sakralen Werken mit dem Himmlischen Jerusalem. Vielleicht liegt es an der gemischten Konfessionalität, der relativ geringen Zerstörung vieler Kleinstädte und Dörfer im Zweiten Weltkrieg oder an der jahrhundertealten Handwerkertradition: In Ober- Mittel- und Unterfranken bieten besonders viele Kirchen Glasfenster mit Darstellungen der Gottesstadt. Das gilt auch für Nürnberg (Mittelfranken).

Dort hat der Glaskünstler Reinhold Fürst (1928-2004) ausdrucksstarke Fensterbänder mit dem Thema der vollendeten Welt geschaffen: das Himmlische Jerusalem. Der Künstler meinte zu seinem Werk: „Im Glauben deuten sie uns den Schritt aus der Begrenzung hinaus in die Anschauung der himmlischen Stadt Jerusalem“.

Seine insgesamt vier Fensterreihen in der römisch-katholischen Kirche St. Stefan in Nürnberg-Zerzabelshofs sind aus mundgeblasenem, antikem Buntglas und wurden 1987 bewusst während der Fastenzeit feierlich eingesetzt. Die alten Fenster des schlichten Nachkriegsbaus wurden entfernt. Fürsts Fensterbänder bereichern nun die Kirche durch eine Farbigkeit, die vor allem bei natürlichem Lichteinfall den Innenraum neu belebt. Motive sind das Lamm in der Gloriole, der Lebensfluss, der Lebens- und Erkenntnisbaum sowie immer wieder die Tore der Stadt. Die Bildfelder sind klar voneinander abgegrenzt und mit hellen, kräftigen Farben gefüllt, die an die 1970er Jahr erinnern. Bild für Bild reiht sich um den gesamten Kirchenraum. Man findet die schmalen Glasbänder ganz oben unter dem Dachfirst, fotografisch extrem schwer einzufangen.

Claus Bernet: Kirchenfenster und Glasarbeiten, Teil 2, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 16).

 

Zum Künstler:

Reinhold Fürst (1940-2009) war hauptberuflich in der Firma C. Kreul GmbH tätig. Dabei handelt es sich um die erste deutsche Künstlerfarbenfabrik mit über 180 Jahren Erfahrung in der Herstellung flüssiger Farbe. Das inhabergeführte Familienunternehmen im fränkischen Hallerndorf entwickelt und produziert Farben für Kinder, Künstler und Kreative. An der Georg-Simon-Ohm Fachoberschule in Nürnberg war Fürst auch Professor für gewerbliches Kommunikations-Design und zeitweise Dekan dieses Fachbereichs. Fürst lebte in Nürnberg und hat nur wenige Arbeiten aufgeführt, im Sakralbereich ist die Fenstergestaltung von St. Stefan sein Hauptwerk. Überliefert sind auch Malereien in Öl und Aquarell.

 

tags: Nürnberg, Mittelfranken, Glasband, Moderne
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