Grabsteine eignen sich hervorragend zur Darstellung des Himmlischen Jerusalem. Schon aus der Antike kennen wir Beispiele (Stilicho-Sarkophag), und seitdem reißt diese Traditionslinie nicht mehr ab. Während in früheren Jahrhunderten ein Grabstein oder Epitaph mit einer künstlerischen Darstellung wenigen wohlhabenden Geistlichen, Adeligen und später auch Bürgern vorbehalten blieb, sind seit dem 20. Jahrhundert Grabsteine mit Jerusalems-Darstellungen Massenware. Fast immer wird auf ihnen das Himmelstor bzw. die Himmelsstadt thematisiert, so auch in den vorliegenden modernen Beispielen.
Es handelt sich um zwei Ausstellungsstücke mit Tor-Symbolik der Freilichtausstellung der Gebr. Schlick Gmbh & Co. KG in Zell im Fichtelgebirge, unweit der Saalequelle (Oberfranken). Beide Arbeiten waren 2020 noch nicht verkauft.
Die beiden Basaltsäulen, die durch eine Brücke verbunden sind (vgl. einen zeitgleich entstandenen Stein von Rudolf Dehmel), wurden von Bildhauer Norbert Schlick vorskizziert und von einem Bildhauer des Betriebs umgesetzt. Grundidee ist der Lebensweg, der von links unten über die Brücke und eine Treppe zu der goldenen Pforte rechts oben führt. Bei diesem Doppelgrabstein ist eine Säule unbehauen, die andere mit zahlreichen Bossequaderungen gestaltet, eine derzeitige Modeerscheinung, und auch der Betrieb Grabmale Vonrüden in Beckum (Münsterland) hat 2012 eine solche künstlerische Lösung gefunden. Entstanden ist die Arbeit aus Zell jedoch schon um das Jahr 2000.
Die Stele mit der dreifachen Torfolge in Edelstahl entstand später, 2006. Anlass dazu gab die erste grenzübergreifende Landesgartenschau Marktredwitz-Eger. Die Idee dazu wurde von Schülern der staatlichen Steinfachschule in Wunsiedel im Rahmen des Gestaltungsunterrichtes auf den Weg gebracht und von dem Steinmetz Norbert Schlick umgesetzt. Es gab dafür einen Gestaltungspreis in Bronze. Der Jerusalemsgedanke findet sich hier durch die drei Tore, da ja die Tore der himmlische Stadt in vier Dreiergruppen geteilt sind. Die Tore sind hier jedoch nicht, wie üblich, nebeneinander gesetzt, sondern hintereinander, wobei sie für den Betrachter nach hinten immer kleiner werden.
Das Motiv des Lebensweges mit dem Tor ist noch öfters auf Grabsteinen zur Anschauung gebracht (siehe Collage mit vier verschiedenen Beispielen). Bei meinem Besuch der Firma Gebr. Schlick Gmbh & Co. KG im Herbst 2002 wurde ich nicht nur über die Herstellung der Steine informiert, sondern auch auf weitere, neuere Arbeiten aus Metall und Stein seit etwa 2000 hingewiesen. An der Herstellung und Kolorierung waren unterschiedliche Mitarbeiter des Betriebs beteiligt. Aus Respekt vor den Toten und den Trauernden ist der genau Ort der Aufstellung nicht genannt, es sind jedoch alles Arbeiten auf Friedhöfen in Ober- und Mittelfranken. Es handelt sich um moderne Arbeiten, bei denen der christliche Gehalt stark zurückgenommen ist. Zwar erkennt man deutlich das Tormotiv, es fehlen aber Christus, Engel, Kreuze etc. Auch biblische Zitate finden sich nicht mehr, dafür aber allgemein gültige Sentenzen, die den universellen Zeitgeist wiedergeben.
Claus Bernet: Das Himmlische Jerusalem in der künstlerischen Darstellung bei Grabmälern und auf Friedhöfen, in: Friedhof und Denkmal, 60, 4, 2015, S. 7-13.
Beitragsbilder Collage: Firma Gebr. Schlick Gmbh & Co. KG