Buchstäblich einen „Gipfel“ bildet das Neue Jerusalem eines 2008 geschnitzten Weihnachtsbaums. Kurz nach der Jahrtausendwende wurde in Zastler (Schwarzwald) in der Nähe eines alten Sägewerkes ein riesiger, 250 Jahre alter Bergahorn gefällt, angeblich aus Sicherheitsgründen. Anfang November 2008 berichtete Rolf Leimgruber, der fürs Zastlertal zuständige Förster, dem Holzkünstler Thomas Rees (geb. 1959) hiervon. Zur gleichen Zeit wurde an den Künstler der Wunsch angetragen, doch auch in diesem Jahr auf dem Pfeiferberg eine Weihnachtskrippe aufzubauen. Dort ist es schon seit 2002 Tradition, zwischen Weihnachten und Neujahr zum Pfeiferberg (Kirchzarten im Schwarzwald) zu pilgern, um die imposanten Holzskulpturen zu bestaunen. Der Bergahorn wurde von der Firma Löffler aus Buchenbach von Zastler zum Pfeiferberg transportiert und mit einem Betonfundament gesichert. Auf den Stamm wurde dann von Rees die Weihnachtsgeschichte mitsamt Krippe holzbildhauerisch dargestellt. Der Künstler arbeitete dabei von oben (Neues Jerusalem) nach unten (u.a. Turm von Babel, Abraham und Moses, Hirten, die Weisen aus dem Morgenland, Krippe). Dabei bestimmten Löcher, Astgabelungen und Verwachsungen, wo welches Bild seinen Platz findet.
Dass also das Neue Jerusalem am oberen, rechten (je nach Perspektive auch linken) Abschluss der Baumskulptur zu finden ist, hat also weniger theologische Gründe, sondern ergibt sich aus der Wuchsform des einst lebendigen Objekts. Die Stadt ruht auf einem Stern oder Kometen und besteht aus zwei massiven Toren, wo sich einst eine Astgabelung befand. Ihre Architektur setzt sich aus Toren und Türmen zusammen, die teils übereinander gesetzt sind. Ein großes Tor rechts steht offen, durch das Tor führen Treppen weiter nach oben, wo Zinnen den Abschluss des Tores bilden. Die Art der Darstellung erinnert an romanische Arbeiten, ähnlich, wie sie auch von Matthäus Bayer in Holz zur Darstellung gebracht wurden.
Im Gegensatz zu vielen anderen Weihnachtsbäumen blieb dieser erhalten und hat heute den Namen „Baum der Erkenntnis“. Die Schnitzerei wurde konservatorisch behandelt und bekam sogar ein spektakuläres Schutzdach, welches einem Sonnensegel ähnelt und vor allem Regen und Schnee abhalten soll.
Zum Künstler:
Thomas Rees wurde am 20. September 1959 in Kappel, einem Ortsteil von Freiburg im Breisgau, geboren. Hauptberuflich ist er in der Industrie tätig, beschäftigt sich aber autodidaktisch mit Bildschnitzerei und Skulpturen. Nachdem er mit verschiedenen Materialien experimentiert hatte, hat er sich auf Holz fokussiert. Viele seiner Arbeiten stehen in der freien Natur, von Licht und Schatten, dem Wetter und der Verwitterung beeinflusst, so dass sich immer neue Eindrücke und Perspektiven ergeben. Herausragende Werke im öffentlichen Raum sind die Holzskulptur Gerichtseiche in Ballrechten-Dottingen (2008), das geschnitzte Kreuz in der Anna-Kapelle bei Freiburg-Ebnet (2010), der Esel Moritz auf dem Freiburger Mundenhof (2011) sowie der Holzwolf im Freiburger Wolfswinkel (2019).