Lorenz Humburg (1906-1994): St. Elisabeth-Kirche in Mieste (1958)

Die Fenster sind der künstlerische Höhepunkt der römisch-katholischen St. Elisabeth-Kirche in Mieste (Altmark in Sachsen-Anhalt, nahe Gardelegen). Als Altarwand findet man 25 rasterförmig angeordnete einzelne Felder, die eine Art leuchtenden Bilderbogen darstellen. Dieser Bogen zieht sich von der unten dargestellten irdischen Welt zur himmlischen Sphäre oben. Dort zeigt in der ersten Reihe die zweite Scheibe das Neue Jerusalem. Die rechteckige Scheibe basiert auf wenigen Glasteilen in den Farben Orange, Violett, Grün und Blau. Kennt man die Konzeption der Himmelsstadt, könnte man das Bild wie folgt deuten: Vorne sind drei Tore in Orange, Rot und Orange aneinander gesetzt. Darüber zeigen violette Dreiecke Bauten in der Stadt an. An den Seiten rahmen blaue Türme die Stadtanlage, die auf dem halbrunden Zionsberg gesetzt ist, eine andere Deutung für den grünen Halbkreis wäre ein Verweis auf die alte, untergehende Schöpfung.

An die dem Altar gegenüber gesetzte Seite hat der Künstler ebenfalls eine Glaswand gesetzt. Thema sind hier die Symbole Mariens nach der Lauretanischen Litanei. Ganz unten, an der rechten Seite, findet man die geschlossene Himmelspforte. Auch hier ist es dem Künstler gelungen, mit wenigen Glasscheiben ein ausdrucksstarkes Bild zu erzeugen. Zudem werden in der Torstruktur verschränkte und ineinander verschobene Kreisformen thematisiert, was für ein Architekturdetail ungewöhnlich erscheint.

Viele Besucher denken, die Fenster seinen nach der Friedlichen Revolution 1989 eingebaut worden. Sie stammen jedoch aus dem Jahre 1958, als die kleine katholische Diasporagemeinde unter großen Mühen diese Kirche errichtet hat. Ihre Fenster sind das einzige bislang bekannte glasmalerische Werk des Malers und Kunstpädagogen Lorenz Humburg (1906-1994). Das Buntglasfenster wurde von Humburg zusammen mit vier seiner Schüler aus dem Gymnasium Marianum (Warburg, südöstlich von Paderborn) entworfen, die Pläne in die DDR gebracht und von der Glasmalereianstalt Ferdinand Müller aus Quedlinburg ausgeführt.

Franziska Schories: Die St. Elisabeth-Kirche in Mieste. Ein sakrales Gesamtkunstwerk in der Altmark, in: Sachsen-Anhalt-Journal, 29, 1, 2016, S. 9-10.
Rudolf Bialas, Holger Brülls, Günter Lange: Moderne auf dem Dorf. Die St. Elisabeth-Kirche in Mieste (Altmark) und ihre Fenster von Lorenz Humburg, Halle 2018.

 

tags: Altmark, Moderne, Sachsen-Anhalt, Marienlitanei, Himmelspforte
Share:
error: