Virgil Solis (1514 bis 1562): Allegorie (1560 und 1562)

Virgil Solis lebte und arbeitete als Maler und Kupferstecher von 1514 bis 1562 in Nürnberg. „Virgil Solis“ ist kein Humanistenname, sondern tatsächlich der Taufname des späteren Künstlers. Im Laufe der Jahre kamen aus seiner Werkstätte nicht weniger als 700 Holzschnitte und 1.300 Kupferstiche – eine beispiellose Schaffenskraft. Sogar bis kurz vor seinem Tode produzierte er eine bedeutende Serie von Stichen zum Alten und Neuen Testament für eine Bibelausgabe von 1660. Der Erfolg war riesig, und um den Absatz noch weiter zu steigern, lieferte Solis gleich noch eine Bilderbibel nach, die Schrift „Biblische Figuren deß Neüwen Testaments, gar künstlich gerissen“.
Die Darstellung des Himmlischen Jerusalem ist durchaus originell. Die Aufmerksamkeit des Betrachters wird auf ein Stadttor gelenkt. Das eigentliche Tor besitzt einen Staffelgiebel und wird von zwei Rundtürmen mit einem gekrümmten Zeltdach flankiert, das etwas orientalisch anmutet. Hinter dem Tor ist ein geradliniger Kanal zu sehen, der sich durch die ganze Stadt zieht bis hin zu einem spiegelbildlichen Tor auf der gegenüberliegenden Seite.

Um schneller produzieren zu können, entwarf Virgil Solis Passepartouts, also bewegliche Bilderrahmen, die immer wieder neu für ganz unterschiedliche Bilder verwendet wurden. Bild und Rahmen sind deutlich voneinander abgegrenzt und stehen inhaltlich in keinerlei Beziehung. Virgil Solis wollte damit seinen Kunden Abwechslung bieten und oberflächlichen Betrachtern Neuerungen vortäuschen. Beispiele dafür sind die Seite T4r aus Biblische Figuren des Alten und Newen Testaments, gantz künstlich gerissen (Frankfurt am Main 1560) oder hier die Seite Piiiv der Ausgabe Frankfurt am Main 1562. 

Eduard Edgar von Ubisch: Virgil Solis und seine biblischen Illustrationen für den Holzschnitt, Leipzig 1889.
Ilse O’Dell-Franke: Sol(l)is, Virgil(ius), in: NDB, 24, Berlin 2010, S. 552-553.

 

tags: Renaissance, Rahmen, Nürnberg, Mittelfranken
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