
Radleuchter aus St. Stephanus und St. Sixtus, Halberstadt (1516)
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Claus Bernet
- März 11, 2021
Der evangelische Dom St. Stephanus und St. Sixtus in Halberstadt (Harz) ist einer der wenigen großen Kirchenbauten, der im typisch französischen Baustil in Ostdeutschland noch heute besichtigt werden kann. Als letzte Ergänzung wurde 1514 der neue Kapitelsaal fertiggestellt und kurz darauf, 1516, kam der Radleuchter im Mittelschiff hinzu. Nach einer Reihe von mittelalterlichen Jerusalemsleuchtern, beispielsweise in Einbeck, ist dies der erste bis heute erhaltene frühneuzeitliche Leuchter. Er ist eine Schmiedearbeit aus Eisen eines lokalen Handwerkers, der früher vergoldet war. Es handelt sich um eine Stiftung des Dompropstes Balthasar von Neuenstadt, der 1516 verstarb. Sein ritterliches Familienwappen schmückt noch heute einen Teil des Reifs. An diesem breiten, reichlich ornamentierten Reif ist auch figürlicher Schmuck zu finden, wie Engel oder Seeungeheuer – die kunsthistorische Deutung der Szenen, die vielleicht aus einer Buchvorlage her entnommen wurden, steht noch aus. An der Außenseite des Reifs sind zwölf Figuren angebracht. Sie alle sind von einer schützenden Architektur mit jeweils einem Baldachin umgeben, die an mittelalterliche Torhäuser angelehnt ist. Es handelt sich dabei um die zwölf Apostel. Auf der Reifkrone waren früher Kerzen aufgesteckt, die längst durch elektrisches Licht ersetzt wurden. Die vielen Jahrhunderte, wo es nur Kerzenbeleuchtung gab, musste der Leuchter täglich zum Wechseln der Kerzen an seiner Kette heruntergefahren werden.
Johanna Flemming, Edgar Lehmann, Ernst Schubert: Dom und Domschatz zu Halberstadt, Leipzig 1990.
Wolfgang Schenkluhn: Halberstadt. Dom und Domschatz, Halle 2002.
Petra Janke: Der Dom zu Halberstadt, München 2007.
Claus Bernet: Jerusalems-Leuchter, Jerusalems-Kerzen und Adventskränze, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 25).