Im Jahr 1667 fertigte Anna Bump im Alter von 23 Jahren zum 150. Jahrestag der Reformation einen insgesamt 350 x Mal 55 Zentimeter großen Wandteppich an. Er zeigt die Heilsgeschichte in vier Feldern und als deren Abschluss rechts in einem fünften Feld das Neue Jerusalem. Die Stadt präsentiert sich mit zahlreichen Heiligen der Bibel: Abel, Hiob, Moses u.a. Im Zentrum sitzen sich Gott und Christus auf Stühlen gegenüber, beide in roten Gewändern. Über ihnen schwebt entweder ein Engel mit roten Flügeln oder eine Taube, womit man eine Darstellung der Dreieinigkeit vor sich hätte. Des Weiteren findet man im Stadtinneren viele Musikanten, Engel und Gerettete. Auf die zwölf Mauern, die diese Szene umschließen, sind die zwölf Stämme Israels eingeschrieben. Es sind winzige, rundbogige Tore, durch die nicht eine der Figuren passen würde. Manche der Tore scheinen offen, andere geschlossen. Zwar finden sich an jeder Seite drei Tore, dennoch ist die Stadt kein Quadrat, sondern etwa doppelt so breit wie hoch. Dass es sich um das Neue Jerusalem handelt, erklärt auch die Beischrift rechts unter der Stadtmauer: „DASHIMELSCHEIERUSALEM:APOC:21“ steht dort ohne Leerzeichen eng aneinander geschrieben. Überhaupt ist das Werk ein Beispiel für den horror vacui. Jede Stelle muss irgendwie mit einem Tier, einer Figur oder einem Gegenstand versehen werden, und wenn alles vergeben ist, wird der letzte Zwischenraum mit Buchstaben gefüllt. In diesem Punkt ähnelt es etwas spanischen Mahnbildern aus der gleichen Zeit, ansonsten ist es eine eigenständige originäre Bildkonzeption ohne direktes Vorbild, weder aus einer Bibel noch von einem Wandbild oder einer Ölmalerei aus Norddeutschland.
Rechts findet man auch eine Signatur: „ANNA BVMP ANNO 1667 D31X“. Die Künstlerin lebte in Hennstedt in Schleswig. Für die dortige St. Secundus-Kirche war dieses Werk wohl ursprünglich gedacht. In Hennstedt wurde übrigens ihr zwanzig Jahre jüngerer Bruder später Pfarrer. Das Kunstwerk aus dem 17. Jahrhundert gelangte in die USA, wurde 1955 dem Jerusalemer Israelmuseum geschenkt, von wo es 1971 an das Berliner Museum für Europäische Kulturen gelangte. Auch wenn die Farben etwas verblasst sind, hat sich die Webkunst exzellent erhalten, was auch daran liegt, dass das Kunstwerk lange Zeit zusammengerollt und dadurch geschützt war.
Dietrich Korth: Der Wandteppich der Anna Bump, in: Dithmarschen, 4, 1982, S. 113-116.
Dagmar Neuland-Kitzerow, Christine Binroth, Salwa Joram (Hrsg.): Anna webt Reformation, Husum 2017.