1963 entstand ein 85 x 87 Zentimeter großes Parament, welches heute in der „Alten Kirche“ der evangelischen Gemeinde von Essen-Kray aufbewahrt wird. Ursprünglich war es im Gemeindezentrum Eckenbergstraße in Verwendung. Dort befand sich ein Altar mit einer grauen, mächtigen Steinplatte, und für diesen konkreten Ort ist das Kunstwerk einst angefertigt worden. Nach der Schließung des Zentrums 2002 ist das Parament nicht länger in Verwendung.
Das Textil hatte innerhalb der Gemeinde den Titel „Die zwölf Stämme Israels“, obwohl das Motiv eindeutig das Himmlische Jerusalem des Neuen Testaments zeigt. Die Namen der zwölf Stämme spielen hier aber insofern eine Rolle, da sie laut dem Offenbarungstext auf die Tore der Stadt geschrieben sein sollen. Gerade auf diese Beschriftung wurde hier jedoch verzichtet.
Die zwölf Tore der Stadt reihen sich als identische, einfache Blöcke in unterschiedlichen Farben (Rot, Blau und Grün jeweils vier Mal) um ein mittiges Rechteck, welches mit einem sternenähnlichen Muster in Orange und Rot strukturiert ist. Das Mittelfeld ist annähernd quadratisch und lehnt sich mit der rotgelben Tönung an das Gold aus dem Apokalypsetext an, wobei der Künstler aber sicherlich auch Goldfäden hätte verwenden können, wie bei einer anderen seiner Arbeiten, einem Antependium von 1991.
Diese Textilarbeit des Grafik-Designers und Hochschullehrers Kurt Wolff (1916-2003) stammt aus den kirchlichen Werkstätten Kaiserswerth, die bereits gegen Ende des Kaiserreichs entstanden sind. Dort führte Wolff sein Atelier. Zu Beginn der 1960er Jahre hatte Wolff eine Reihe von Aufträgen aus Essen-Kray erhalten. Diese Arbeit wurde 1962 bestellt und zu Pfingsten 1963 abgeschlossen. Laut der erhaltenen Kundendatei waren bis zur Fertigstellung 63 Arbeitsstunden nötig, Kostenpunkt: 595,- DM.
Schon zuvor, 1957, hatte Wolff in Kaiserswerth ein ähnliches Antependium entworfen, das ebenfalls die zwölf Tore zeigt und bei dem in der Mitte der Spruch „Es sind die Reiche der Welt unsers Herrn und seines Christus geworden“ (Johannesoffenbarung Kap. 11, Vers 15) gesetzt ist. Der Verbleib dieser Variante ist nicht bekannt. Da sie sich heute nicht mehr in den Werkstätten befindet, wird davon ausgegangen, dass sie an eine Gemeinde verkauft worden ist.
Kurt Wolff: Der Augenblick Gottes. Die Werkstatt für evangelische Paramentik im Diakoniewerk Kaiserswerth, Düsseldorf 1998.
Claus Bernet: Kunstwerke in Textil, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 13).